Neo-Liberalismus

Berardi Die soziale Fabrik hat sich in eine Fabrik des Unglücks verwandelt: Das Fließband vernetzter Produktion bedeutet die emotionale Energie der kognitiven Klasse unmittelbar aus.
Konrad Becker / Martin Wassermair (Hg.): Nach dem Ende der Politik. Texte zur Zukunft der Kulturpolitik III. Wien: Löcker Verlag 2011
„Arbeit“ ist zutiefst verwoben mit Identität, Anerkennung und (symbolischer) Teilhabe an Gesellschaft.
Was konstituiert das heutige EUropa? Ist die EU tatsächlich primär ein Staatenverbund zum Zweck der Durchsetzung eines neoliberalen Binnenmarkts? Oder spielt das politische Zusammenwachsen des vormals in Ost und West geteilten Europas als eine „Werte- und Kulturgemeinschaft“ unter dem Mantel der „Reintegration zwecks Wohlstand und Stabilität“ darin eine wichtige, möglicherweise entscheidende Rolle im Prozess der Durchsetzung marktwirtschaftlicher Interessen des Westens im Osten?
Zygmunt Bauman setzt in seinem aktuellen Buch „Wir Lebenskünstler“ sein zeitdiagnostisches Werk fort. Der soziologische Essay nimmt sich die Frage zum Ausgangspunkt, was gegenwärtig mit dem Glück nicht stimme.
Autokratische Regime neoliberaler Prägung zeichnen sich durch eine ständige Kommunikationsemphase aus, die die Ausübung tatsächlicher Machtverhältnisse in einen Nebel aus Partizipationsversprechen hüllt.
Wie wir wissen, ist Checking das, was im Moment passiert, wenn manche Länder des ehemaligen Osteuropas der EU beitreten oder wenn darüber verhandelt wird, ob neue Länder wie Kosovo, Serbien, Mazedonien, Bosnien, Albanien etc. beitreten sollen. Diese Länder werden als rückschrittlich oder nicht genug entwickelt konstruiert, wenn es um politische Werte und Emanzipation geht.
In weniger als 15 Jahren hat es die neoliberale Maschinerie wie nebenbei geschafft, nicht nur die Bildungssituation im globalen Süden drastisch zu verschärfen, sondern diesen auch in den Ländern Osteuropas völlig zu kippen. Und produziert dort aus dem Stand primäre wie sekundäre AnalphabetInnen.
Die von EU, IWF und Weltbank forcierte Privatisierung in Osteuropa, die österreichischen Unternehmen sehr zugute kommt, kommt auch im Kulturbereich zum Tragen. Hier sind es weniger der Druck von außen als hauptsächlich interne Faktoren, die zu staatlicher Zurückhaltung führen: Die propagandistische Instrumentalisierung der Kulturpolitik im Realsozialismus hat große Vorbehalte gegenüber staatlicher Kulturpolitik hinterlassen.
In der Stunde der Jahresbilanz preisen sich westliche Unternehmen mit den Gewinnen im postsozialistischen „Osten“. Die Wirtschaftsnachrichten lesen sich wie ein neues Genre, eine Schwindel erregende Kreuzung zwischen Krimi und Propagandabroschüre, in dem vor allem klassisch orientalistische Zuschreibungen ihr Revival feiern. „Der Osten“ „selbst“ darf bei denselben Veranstaltungen, Zeitungsartikeln und Nachrichten höchstens in der pseudoambivalenten Koppelung von Mangel und Überfluss vorkommen.
In der neuen Produktionsweise des Neoliberalismus, die seit den 1980ern die bis dahin herrschende Variante von Kapitalismus, den Fordismus, abgelöst hat, werden gesetzliche Regelungen veranlasst, die Sozialleistungen reduzieren und damit die „Kosten der Arbeit“, auch als „Lohnnebenkosten“ diskutiert, zu senken. Arbeit wird, so zeigt sich bei dieser Gelegenheit, nicht als Quelle der Wertschöpfung, sondern als Kostenfaktor verstanden.
„Europa“ wächst zusammen, zumindest langsam. Die Menschen, die noch vor einigen Jahren darbend ihr Dasein in „stalinistischen Terrorregimen“ fristeten, haben nun endlich ein Leben im „prosperierenden Gebiet liberaler Demokratie“ errungen. Doch ist „Europa“ bzw. die Europäische Union wirklich dieses zivilgesellschaftliche Friedensprojekt, welches den Menschen in Bulgarien und Rumänien einen höheren Lebensstandard ermöglichen wird, oder verbergen sich auch andere Interessen hinter dem Eintritt in die Galaxie der glänzenden europäischen Sterne?