Zahlen. Daten. Fakten. Auswirkungen von COVID-19 auf Kulturvereine

Die Coronakrise und die damit verbundenen Einschränkungen wirken sich stark auf die freie Kulturszene aus. Eine erste Datenerhebung zu den Auswirkungen der COVID-19-Maßnahmen auf die unabhängigen Kulturvereine und -einrichtungen wirft nun ein Schlaglicht auf die Situation: In nur einem Monat ist bereits ein Schaden von mindestens 4,5 Millionen Euro entstanden, über 3.000 Beschäftigten droht die Erwerbsgrundlage wegzubrechen, der Fortbestand vieler Kulturvereine und -einrichtungen ist akut gefährdet. Die bestehenden Soforthilfen greifen jedoch nur bedingt. Für gemeinnützige Kulturorganisationen, die bislang noch explizit aus den bestehenden Unterstützungsfonds ausgeschlossen sind, braucht es nun schnelle und unbürokratische Unterstützung.

Um das Ausmaß des finanziellen Schadens und die Konsequenzen der Covid19-Maßnahmen auf die freie Kulturszene und ihre Trägerorganisationen abschätzen zu können, hat die IG Kultur Österreich gemeinsam mit den Landesorganisationen der freien Kulturarbeit  eine Datenerhebung unter unabhängigen Kulturvereinen und -einrichtungen gestartet. 
 

368 unabhängige Kultureinrichtungen haben sich österreichweit daran beteiligt. Dies bildet nur einen Bruchteil aller Kulturvereine und -einrichtungen, die österreichweit aktiv sind, ab. Aber die Daten werfen bereits ein eindrückliches Schlaglicht auf die massiven Auswirkungen, die COVID-19 auf die freie Kulturszene hat. Folgende Auswertungen beziehen sich ausschließlich auf die Angaben der Kulturvereine und -einrichtungen, die an der Erhebung teilgenommen haben (keine Hochrechnungen!): 
 

  • Im ersten COVID-19 Monat, also von Beginn der Veranstaltungseinschränkungen am 10.3. bis zum vorläufigen Ende des generellen Verbots am 13.4., beläuft sich der erwartete finanzielle Schaden auf über 4,5 Millionen Euro– alleine bei jenen Kultureinrichtungen, die bislang an der Erhebung teilgenommen haben.
  • Betroffen sind in diesem Zeitraum über 4.000 Veranstaltungen österreichweit. Über die Hälfte der Veranstaltungen musste ersatzlos gestrichen werden, für etwa ein Drittel der geplanten Veranstaltungen wird versucht, einen Ersatztermin zu finden. 
  • Über 3.200 Beschäftigtesind von den Einschränkungen unmittelbar betroffen, als Angestellte oder Werkvertragsnehmer*innen in den Kultureinrichtungen.
  • Bereits jetzt geben 10% der befragten Kulturvereine an, nicht mehr zahlungsfähig zu sein.
  • Im Laufe des Aprils befürchtet jede dritte Kultureinrichtung, ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung in Zahlungsschwierigkeiten zu kommen, das heißt nur mehr eingeschränkt oder nicht mehr zahlungsfähig zu sein. 
  • Hält die Situation unverändert an, verschärft sich die Lage: ab Mai erwartet ein Drittel der Kultureinrichtung nur mehr eingeschränkt zahlungsfähig zu sein, ein weiteres Viertel nicht mehr zahlungsfähig zu sein.  
  • Sollte das Verbot bis Ende Juligelten, so werden in Summe mehr als 10.800 Veranstaltungen ausfallen. Der befürchtete Schaden bis Ende Juli würde sich auf insgesamt 10,7 Millionen Euro belaufen. 
  • In Reaktion auf die aktuelle Situationsehen sich die befragten Kulturvereine gezwungen, vor allem auf zwei Maßnahmen zu setzten: Zum einen die Reduktion der Aktivitäten (Einstellung weiterer geplanter Aktivitäten sowie längerfristige Absagen bzw. Programmreduktion bis Ende des Jahres), zum anderen die Senkung von Personalkosten. 10% der Kulturvereine führen an, dass Kündigungen bereits ausgesprochen wurden oder demnächst ausgesprochen werden müssen. 
  • Von den bestehenden Unterstützungsmöglichkeiten können Kulturvereine nur in geringem Umfang profitieren
    • 56% würden von einem Erlass der Mietkosten profitieren
    • 30% können oder wollen das Corona-Kurzarbeitsmodell nutzen
    • 26% würden von einer Herabsetzung oder Stundung der Sozialversicherungsbeiträge profitieren
    • 25% erhoffen sich Erleichterungen durch eine Herabsetzung der AKM-Gebühren
    • 19% würden von einer Herabsetzung oder Stundung der Steuervorauszahlungen profitieren 
    • 16% würden Kredithaftungen für Überbrückungsfinanzierungen erwägen, sofern diese für gemeinnützige Kulturvereine zugänglich sind  
    • 40% der befragten Kultureinrichtungen halten keine der Maßnahmen für relevant oder notwendig. 
  • Sowohl im Erhebungszeitraum als auch während der Auswertung war noch nicht bekannt, wie und in welcher Höhe Kulturvereine von der angekündigten Unterstützung für Non-Profit-Organisationen im Härtefallfonds (abgewickelt über die WKO) profitieren können. 
  • Allgemein betonte der Großteil der Befragten die Schwierigkeit der Bezifferung des Schadens aufgrund großer Unsicherheiten und nicht gegebener Planbarkeiten wegen der ausbleibenden verbindlichen Entscheidungen der politischen Entscheidungsträger*innen. 

 

Ausgehend von diesen Ergebnissen sowie den zahlreichen Anfragen, die die IG Kultur Österreich zur Zeit erreichen, ist der Bedarf an raschen Hilfszahlungen für die betroffenen Kulturvereineoffenkundig. Die rechtlichen Grundlagen für eine Unterstützungsschiene für Non-Profit-Organisationen wie gemeinnützige Kulturvereine im Rahmen des Härtefallfonds wurde von Bundesregierung geschaffen. Auf die konkreten Richtlinien und Möglichkeiten zur Einreichung warten die Kulturvereine – so wie viele andere gemeinnützige Organisationen auch – bis heute.  
 

„Die Ergebnisse der Auswertung sind wenig überraschend“, so Yvonne Gimpel, Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich, „der größte Sorgenfaktor ist neben der allgemeinen Planungsunmöglichkeit, wie die laufenden Fixkosten zum Erhalt von Infrastruktur und Personal bestritten werden sollen, wenn die Einnahmen auf null zusammenbrechen. Es braucht rasche und unbürokratisch finanzielle Unterstützung durch den Härtefallfonds auch für gemeinnützige Organisationen, der die durch COVID-19 Maßnahmen bisher entstandene Kosten abdeckt und zumindest einen Teil des Einnahmenentfalls kompensiert. Sonst stehen weitere Kultureinrichtungen vor dem finanziellen Bankrott und das kulturelle Angebot wird auf Dauer ausgedünnt.“ 
 

Ein weiterer Faktor ist die Planungsunmöglichkeit. Niemand geht aktuell davon aus, dass ab 14. April 2020 Veranstaltungen ohne Einschränkung wieder durchführbar sind. Die aktuellen wochenweisen Verlängerungen verstärken aber die Verunsicherung und verunmöglichen Planungen, Vorbereitung und verantwortungsvolles Agieren im Sinne der Wirtschaftlichkeit. Eine realistische Bewertung und entsprechende (rechts-)verbindliche Grundlage, bis wann sich Kulturveranstalter*innen auf Einschränkungen einstellen müssen, würde zu einer Entlastung führen – und die Verantwortung nicht alleine auf die Betroffenen schieben, die jetzt entscheiden müssen, ob und für wann sie wieder Aktivitäten vorbereiten sollen und können. 
 

Download: Auswirkungen von COVID-19 auf unabhängige Kulturvereine. Die Ergebnisse im Detail


 

Kontakt für Presseanfragen: 

Yvonne Gimpel, Geschäftsführung IG Kultur Österreich
Tel.: +43 1 503 7120
E-Mail: @email


 

Für Informationen zur spezifischen Situation in den einzelnen Bundesländern, kontaktieren Sie für Presseanfragen:  

Burgenland
Herta Schuster, IG Kultur Burgenland
E-Mail: @email
 

Kärnten
Alina Zeichen, Vorsitzende Interessensgemeinschaft der Kulturinitiativen in Kärnten/Koroška
Tel.: +43 699 13167171
E-Mail: @email
 

Niederösterreich
Josef Schick, Geschäftsführung Kulturvernetzung Niederösterreich
Tel.: +43 664 13 29 444 
E-Mail: @email 
 

Oberösterreich  
Thomas Diesenreiter, Geschäftsführung Kulturplattform Oberösterreich
Tel.: +43 664 78 24 525
E-Mail: kupf@kupf.at


Salzburg
Thomas Randisek, Geschäftsführung Dachverband Salzburger Kulturstätten
Tel.: +43 650 970 29 08
E-Mail: @email
 

Steiermark
Lidija Krienzer-Radojević, Geschäftsführung IG Kultur Steiermark
Tel.: +43 681 104 29 507
E-Mail: @email
 

Tirol
Helene Schnitzer, Geschäftsführung Tiroler Kulturinitiativen
Tel.: +43 680 210 92 54
E-Mail: @email 
 

Vorarlberg
Mirjam Steinbock, Geschäftsführung IG Kultur Vorarlberg
Tel.: +43 664 4600291
E-Mail: @email 
 

Wien
Irmgard Almer, Geschäftsführung IG Kultur Wien
Tel.: +43 1 236 23 14
E-Mail: @emailt

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