Die gute Regierung

Die IG Kultur Österreich weiß, die gute Regierung liegt wohl in weiter Ferne, aber wir geben unsere Stimme am Wahltag nicht ab, sondern erheben sie weiterhin. Für eine emanzipatorische Kulturpolitik abseits von Hochglanz und Traditionspflege. Ein Projekt anlässlich immer wieder kehrender Wahlen.

Die gute Regierung

Der Du hier eintrittst, lasse alle Hoffnung fahren!

Mit jeder neuen Regierung treten die Interessenvertretungen in neue Verhandlungsrunden ein. Monatelang müssen Inhalte mit den neuen EntscheidungsträgerInnen und ihren MitarbeiterInnen kommuniziert werden. Monatelang wartet man auf Antworten und Entscheidungen. Nachdem die relativ lange Amtsperiode von Staatssekretär Franz Morak überhaupt keine Verbesserungen für die Kulturschaffenden gebracht hatte, setzte man im Kunst- und Kulturbereich große Hoffnungen in die neue Amtsinhaberin Claudia Schmied.

Der Rückblick ohne Ausblick
Aus Sicht der IG Kultur Österreich ist das Resümee der eineinhalbjährigen Amtsperiode der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur jedoch ein äußerst bescheidenes geblieben, und die Hoffnung auf eine Wende in der Kulturpolitik ist gestorben.

Mit der Unterstützung der Basisarbeit von Kulturinitiativen lassen sich keine Schlagzeilen schreiben, leichter ist es da schon mit der funkelnden Neubesetzung ehrenwerter bildungsbürgerlicher Häuser. Auch ist das Bildungsressort ein riesiges und in beiden Feldern, im Kultur- wie im Bildungsbetrieb ist es aufgrund des Umfangs der anstehenden Reformen für politische QuereinsteigerInnen nur schwer Erfolge einzufahren. Der Versuch Kunst- und Kultur auf Kulturvermittlung zu reduzieren zeigt zwar bildungspolitisches Engagement, reduziert aber die Kunst- und Kulturagenden auf Dienstleistungen für den Bildungsbereich. Sollte das die sozialdemokratische Antwort auf den Kulturindustrienhype von Schwarz-Blau gewesen sein? Wenn schon nicht marktkonform, dann wenigstens bildungskonform verwertbar?

Jedenfalls lassen sich außerhalb des Bereiches der sog. Hochkultur keine Anstrengungen ausnehmen. In diesen eineinhalb Jahren wurde eine Reform des Künstlersozialversicherungsfonds angegangen, die gründlich mißlang. Denn trotz gegenteiliger Ankündigungen und Versprechen blieb die Mindesteinkommensgrenze unangetastet und zahlreiche, unter der Armutsgrenze lebende KünstlerInnen wurden mit Beitragsrückforderungen konfrontiert.

Ein noch schöneres Beispiel für politische Ahnungslosigkeit und mangelnde Entscheidungskompetenz ist die Form der Umsetzung der Forderung nach mehrjährigen Subventionen für Kulturinitiativen. Nach jahrelangen Verhandlungen der IG Kultur Österreich mit den zuständigen EntscheidungsträgerInnen schien es wieder einmal (inzwischen zum dritten Mal) soweit, dass diese Forderung umgesetzt werden sollte. Dies wurde von der Ministerin bei einer Podiumsdiskussion angekündigt und zahlreiche Initiativen wurden auch zu einer zweijährigen Antragstellung brieflich aufgefordert. Doch anstelle nach einer legistische Möglichkeit zu suchen, die diesen Verwaltungsakt ermöglicht, wurde einfach auf den Parlamentsbeschluss eines Zweijahresbudgets für 2009 und 2010 gesetzt. Ein Budgetprovisorium oder Neuwahlen zum falschen Zeitpunkt bedeuten das Ende dieser Idee.

In den Presseunterlagen der ersten Jahresbilanz der Ministerin findet sich viel über Evaluierungen und Studien. Hier scheint es sich um ein tatsächlich eingelöstes Antrittsversprechen zu handeln. Nach zehnjähriger Pause ist endlich wieder einer Erhebung der sozialen Lage von KünstlerInnen in Österreich begonnen worden und die Präsentation der Ergebnisse ist für Herbst 2008 zu erwarten. Auch im Bereich des interkulturellen Dialogs wurden Studien in Auftrag gegeben. Welche Schlüsse und daraus resultierende Handlungen aus den Ergebnissen abgeleitet werden, bzw. ob überhaupt je jemand mit dem Ergebnis politisch handeln wird, ist aufgrund der Neuwahlen unvorhersehbar.

Statt eines Ausblickes
Da die Ministerin auch von Anfang an jedes direkte Gespräch mit den autonomen Interessenvertretungen ablehnte, diese und alle vorigen Regierungen aber auf Kritik immer sehr ungehalten reagieren, entwickelte die IG Kultur Österreich für diesen Wahlkampf nach dem idealen Kunstminister 2000 und der idealen Kunstministerin 2006 gleich eine ganze Regierung. Die gute Regierung geht im Sinne eines weiten Kulturbegriffes übergreifende gesellschaftspolitische Fragen an. Denn kulturpolitisches Handeln ist immer mehr als die Summe der eröffneten Festspiele, Festwochen und ähnlicher Festivitäten: So erntet die gute Regierung das bereits fest verankerte Bewusstsein um die Notwendigkeit der Agrarförderung ab und überträgt es auf die Bevölkerung an sich: „Agrarsubvention für alle! Die Kulturlandschaftspflege. Der guten Regierung ist auch das Brachliegen etwas wert, daher beschließen wir das bedingungslose Grundeinkommen für alle!“. Die gute Regierung macht sich auch über eingefahrene Verteilungslogiken her, wenn es heisst: „Achtung Umleitung: Statt Straßenbauförderung Kultur ausbauen! Die gute Regierung weiß, die Straßen sind gebaut, jetzt können wir uns der Kulturarbeit widmen. Mehr Kohle für KIs statt Asphalt für GTIs!“. Oder: „Menschen bewegen statt Geld verschieben! Die gute Regierung beflügelt Menschen, nicht das Kapital! Somit beginnt ein Tag mit Wohlstand und Bewegungsfreiheit für alle!“ Es ist die Unverhältnismässigkeit der Verteilung der Mittel, die wieder diskutiert werden soll. Eine gute Regierung muss auch eine gute und transparente Verwaltung sein und darf nicht Fragen des Daten- bzw. Selbstschutzes mit Fragen der Informationspflicht verwechseln, daher: „Durchblick statt Amtsverschwiegenheit! Die gute Regierung weiß, nicht der gläserne Mensch sondern, die gläserne Verwaltung wird Macht unsexy machen!“ Dazu passend die Zielformulierung nach einem „Bleiberecht für alle! Antinational überall! Die gute Regierung ist gekommen, um zu bleiben: WeltbürgerInnen aller Länder vereinigt euch!“

 

Wieder zurück an den Start
Die IG Kultur Österreich weiß, die gute Regierung liegt wohl in weiter Ferne, aber wir geben unsere Stimme am Wahltag nicht ab, sondern erheben sie weiterhin. Für eine emanzipatorische Kulturpolitik abseits von Hochglanz und Traditionspflege.

Wenn es also wieder heisst: „Zurück an den Start“ mit der nächsten Regierung mit neuen MinisterInnen und neuen MinisterInnenbüros, die vermutlich auch dem Charme der klingenden Namen und glitzernden Repräsentationsflächen erliegen werden, treten wir zwar ohne wirkliche Hoffnung in diese Vorhölle ein, doch mit unverminderter Kraft tragen wir unsere Forderungen und unsere Kritik hinein, die da heißen:

  • Emanzipatorische Kulturarbeit fördern
  • Transparente Verwaltungsabläufe schaffen
  • Ein Ministerium für Kunst, Kultur und Medien einrichten.

 

 

Die gute Regierung geht...weiter!

  • Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle in Österreich lebende Menschen.
  • Emanzipatorische Kulturarbeit fördern, insbesondere von marginalisierten Teilen der Bevölkerung.
  • Ein Steuersystem, das weniger die Menschen, sondern mehr den Konsum besteuert.
  • Transparenz und eine gute Verwaltung in allen bürokratischen Belangen.
  • Kein Mensch ist illegal! Bleiberecht für alle!
  • Ein Ministerium für Kunst, Kultur und Medien.

 

Die gute Regierung

Gumpendorfer Straße 63b
A-1060 Wien

E-Mail: dieguteregierung [at ]igkultur.at

Eine Aktion der IG Kultur Österreich

Dank an Bini Adamczak (Zeichnung)