Manifest für die Freiheit der Kunst
Angesichts der Covid-19 Pandemie und ihrer politischen Folgen, wie nationale Grenzziehungen und rechtspopulistischer Abschottungsphantasien, braucht es transnationale Solidarität mehr denn je. Gemeinsam mit rund 60 europäischen Kulturinstitutionen und Kunstinstitutionen fordern wir in einem Manifest, Kunst und Kultur nicht nur national zu begreifen und zu reglementieren, sondern als integralen Bestandteil europäischer Politik zu verankern. Das Manifest im Wortlaut.
Europäische Allianz der Akademien
Berliner Manifest
Wir erleben derzeit in einigen Ländern Europas eine Kulturpolitik, die Kunst und Kultur nur national begreift und zunehmend reglementiert. Dadurch gerät die Autonomie vieler Akademien, Museen und Kulturinstitutionen in Gefahr.
Gegen diese Entwicklung möchten wir etwas tun: Bisher haben sich 60 Kunstakademien und Kulturinstitutionen aus Ländern der Europäischen Union, aus Großbritannien und Norwegen, auf Initiative der Akademie der Künste Berlin zu einer „Allianz der Akademien“ zusammengeschlossen. Gemeinsam stehen wir europaweit für das Recht auf die Freiheit der Kunst ein, das in Artikel 13 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist.
Wofür steht die Allianz?
Kunst und Kultur sind wesentlich für eine funktionierende Demokratie und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir stehen für die Freiheit der Künste als Voraussetzung unserer kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Lebensform. Die Unabhängigkeit künstlerischer Positionen und Institutionen von politischen, nationalen, religiösen Festschreibungen ist die Grundlage der Demokratie.
Hier in Berlin sind wir uns – als Folge der von Deutschland verursachten Katastrophen des 20. Jahrhunderts – besonders der Verantwortung bewusst, die EU nur als Teil eines transnationalen kulturellen (Friedens-)Projekts zu denken.
Wir stehen für die kulturelle Vielfalt in Europa und in unseren Gesellschaften. Wir wollen an die blinden Flecken erinnern, die die europäischen Eroberungskriege in der Welt hinterlassen haben, an die kolonialen Machtstrukturen, die bis heute in vielen Ländern nachwirken.
Wir stehen mit den Künsten für einen Humanismus, der sich gegen jede Form von Rassismus, Diskriminierung und Gewalt stellt. Wir verteidigen die Menschenrechte auch für diejenigen, die nicht in Europa geboren wurden, aber hier eine Chance für das Überleben und ein friedliches Zusammenleben suchen.
Unsere Forderungen & Maßnahmen
Wir fordern den solidarischen Schulterschluss zwischen den Institutionen für Kunst und Kultur in Europa. Nur über Grenzen hinweg können sich Kunst, Kultur und Wissenschaften im Sinne der Aufklärung entfalten. Nur gemeinsam wird es uns gelingen, diesen Freiraum für die Zukunft zu behaupten und zu verteidigen.
Wir tauschen transnational und unmittelbar Informationen zu kulturpolitischen Entwicklungen in unseren Ländern aus und verbreiten die Meldungen auf unseren eigenen Kommunikationskanälen und in unseren eigenen Netzwerken.
Wir unterstützen den Austausch von Kunst und Künstler*innen innerhalb unserer Institutionen, insbesondere diejenigen, die durch sozio-politische Maßnahmen in der Ausübung ihrer künstlerischen Arbeit oder Meinungsfreiheit eingeschränkt sind.
Wir fordern, dass Kunst und Kultur zu einem integralen Bestandteil europäischer Politik werden.
Wir fordern Politiker*innen in ganz Europa dazu auf, gemäß Artikel 13 der Charta der Grundrechte der EU das Recht auf die Freiheit der Kunst und die Autonomie der Institutionen zu schützen und zu verteidigen. Und – wo immer nötig – auf Rat unserer Allianz die Kunstakademien und die Künstler*innen zu unterstützen.
Berlin, 9. Oktober 2020
Weiterführende Information und Unterstützung: https://allianceofacademies.eu