Der Veranstaltungsschutzschirm: Wem er hilft, und wem nicht
Im Dezember wurde von der Bundesregierung ein mit 300 Mio € dotierter Veranstaltungsschutzschirm angekündigt. Er soll es ermöglichen, dass Veranstalter*innen aufgrund von coronabedingten kurzfristigen Absagen nicht in finanzielle Probleme schlittern. Seit 18. Jänner ist eine Antragstellung möglich. Unsere Kollegen von der KUPF OÖ haben die Richtlinien unter die Lupe genommen und zeigen auf, wem der Veranstaltungsschirm hilft und wem nicht.
Im Dezember wurde von der Bundesregierung ein mit 300 Mio € dotierter Veranstaltungsschutzschirm angekündigt. Er soll es ermöglichen, dass Veranstalter*innen aufgrund von coronabedingten kurzfristigen Absagen nicht in finanzielle Probleme schlittern. Seit 18. Jänner ist über die österreichische Tourismusbank(!) eine Antragstellung möglich, auch wurden FAQs online gestellt.
Der Veranstaltungsschutzschirm im Detail
Veranstaltungen, die folgende Kriterien erfüllen, können zur Förderung eingereicht werden:
- Veranstaltung findet zwischen 01.02.2021 und 31.12.2022 in Österreich statt
- Vorliegen eines schlüssigen Durchführungs- und Finanzierungskonzeptes
- Vorliegen eines Entwurfs eines COVID-19-Präventionskonzepts
- Einhaltung der in der Richtlinie definierten Teilnehmerobergrenzen
- Schadensmindernde Maßnahmen werden getroffen
- Mindestens EUR 15.000 Einnahmen
- Ausgeglichenes Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben
- Oder bei Veranstaltungen ohne Einnahmen mindestens EUR 15.000 Veranstaltungskosten sowie Beauftragung eines Unternehmens, zu dessen gewerbsmäßiger Tätigkeit die professionelle Planung und Durchführung von Veranstaltungen zählt
Förderbar sind alle Aufwendungen für Leistungen Dritter in der Wertschöpfungskette sowie eigene Personalkosten für die Planung und Durchführung der Veranstaltung. Nicht förderbar sind die Umsatzsteuer (falls keine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht, kann sie als förderbarer Kostenbestandteil berücksichtigt werden), Investitionskosten, Personalkosten für den laufenden Betrieb, Sachkosten für den laufenden Betrieb sowie Kosten, die aus Kleinbetragsrechnungen unter EUR 100,00 (netto) resultieren.
Ein Antrag ist seit 18. Jänner 2021 möglich, allerdings gilt die Zusage erst in dem Fall einer positiven Zusage durch die EU.
Die Antragsstellung ist nicht trivial. Es müssen eine Verpflichtungserklärung, Informationen zu MitarbeiterInnen & bisher erhaltene Förderungen, ein COVID-19-Präventionskonzept, eine Veranstaltungskalkulation, ein Veranstaltungskonzept, der Jahresabschluss 2019, ein Lichtbildausweis, Stammdaten, eine Veranstaltungsabrechnung eines Vorjahres, (falls die Veranstaltung bereits schon einmal stattgefunden hat), Firmenbuchauszug/-züge auch für verbundene und Partnerunternehmen (bei protokollierten Unternehmen), Gewerbeberechtigungen, Konzessionsurkunden, Veranstaltungsbewilligungen, Finanzierungs-/Förderungszusagen sowie eine Entbindung vom Bankgeheimnis abgegeben werden. In Summe wird die Erstellung eines Antrags mindestens 5-10 Stunden dauern, der finale Antrag wird wohl mindestens 20-30 Seiten umfassen.
Hier gehts zum Antragsformular: Antrag Veranstaltungsschutzschirm.
Und die gemeinnützigen?
Obwohl zuerst geplant war, den Veranstaltungsschutzschirm nur für kommerzielle Veranstalter zu öffnen, konnte dank der Arbeit der IG Kultur erreicht werden, dass auch gemeinnützigen Träger prinzipiell antragsberechtigt sind. Laut den veröffentlichten FAQs werden viele der gemeinnützigen Veranstalter aber dennoch ausgeschlossen. Denn als Einnahmenuntergrenze wurde nun eine Hürde von 15.000 € definiert.
Das hat man im gemeinnützigen Bereich bei einzelnen Veranstaltungen aber selten. In der freien Szene werden Festivals wie ein Crossing Europe, Unlimited Musikfestival oder bei einzelnen Veranstaltungen größere Venues wie eine Arena Wien oder das WUK einreichen können. Denn selbst wenn Einnahmen aus Subventionen ein Bestandteil der Kostenkalkulation sind, dürften diese nach unserer Lesart nicht zu den Einnahmen gezählt werden. Ein Schlupfloch könnte im vorliegenden, aber noch nicht von der EU freigegeben Richtlinienentwurf, der Punkt 4.10 sein:
„Regelmäßig am selben Veranstaltungsort stattfindende gleichartige Veranstaltungen“ sollen als eine einzige Veranstaltung zu behandeln sein. Die in der Klammer angeführten Beispiele erlauben einen gewissen Gestaltungsspielraum, wobei klar ist, dass hier gleichzeitig eine Rechtsunsicherheit entsteht. Denn rechtsverbindliche Definitionen von „Programmzyklus“ oder „Veranstaltungszyklus“ liegen nicht vor. Ist beispielsweise ein „Novemberprogramm“ mit mehreren Einzelkonzerten von unterschiedlichen DJs schon ein Veranstaltungszyklus? Gelten in der Theatersaison dann nur die darstellenden Aufführungen, Konzerte oder Lesungen fallen aufgrund der Andersartigkeit aber wieder heraus? Etc.
Nun hat man zwar auch für kleine Vereine und Gratisveranstalter ohne Einnahmen eine grundsätzliche Einreichmöglichkeit vorgesehen. Für diese gilt eine Ausgabenuntergrenze von 15.000 €. Diese Ausnahme ist nur dann gültig, wenn die Veranstaltung gewerblich selbst oder fremdvergeben umgesetzt wird! Das passiert bei den NGOs aber natürlich quasi nie, ist ja das nichtgewerbliche Umsetzen der Kulturveranstaltung das Kerngeschäft der Kulturvereine.
Wer also vom Veranstaltungsschutzschirm profitieren wird: Die kommerziellen Großveranstalter, die Zeltfeste, Schlagerpartys und (mittlere) Kommerzfestivals. Die gemeinnützigen Träger*innen können in gewissen Fällen auch den Veranstaltungsschutzschirm nutzen, müssen aber bei Anwendung des Passus zu gleichartigen Veranstaltungen mit einer Rechtsunsicherheit leben. Aufgrund der 1 Mio € Obergrenze wird es auch für die Riesenfestivals á la Nova Rock und Frequency nur eine Teilabdeckung geben können.
Was ist mit dem NPO Fonds?
Die kleinen Vereine werden angehalten, beim NPO Fonds einzureichen, der zumindest im letzten Jahr frustrierte Aufwendungen bei coronabedingten Absagen ersetzte. Dieser ist aber im Gegensatz zum Veranstaltungshaftschirm nicht mit dem tatsächlichen Einnahmenausfall der jeweiligen Veranstaltung gedeckelt, sondern mit dem Einnahmenentfall im Vergleich zum Vorjahr.
Dadurch sind die Vereine auf das Niveau des Vorjahr „eingefroren“, wer Mehrkosten z.B. wegen „Reintesten“, Tests der eigenen Mitarbeiter*innen, Investitionen in die Sanitätsanlagen oder schlicht durch Personalmehrkosten wegen x-fachen Umplanens hat, schaut durch die Finger.
Beitrag von Thomas Diesenreiter, erstmals publiziert im Blog der Kulturplattform Oberösterreich, 18.01.2021.