Front facelock: What shall we do???
Dass Partei-Politik in Österreich irgendwelche Probleme lösen kann, glaubt mittlerweile wohl niemand mehr. Es erfrieren, es sterben zu viele Menschen auf der Straße oder auf dem Weg nach Österreich. Täglich wird von vielen Füßen das Selbstwertgefühl von Menschen, die sich schon am äußersten Rand der Gesellschaft befinden, getreten.
In immer mehr österreichischen Städten werden Bettelverbote beschlossen. Eine Klage gegen das vom oberösterreichischen Landtag beschlossene Bettelverbot wurde mittlerweile vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) abgewiesen. Laut VfGH ist es also zulässig, bestimmte Formen des Bettelns zu verbieten. Dass die Polizei es versteht, diverse Bestimmungen und Gesetze nach politischem Zuruf (oder oft auch ohne) kreativ auszulegen, um gegen jegliche, das öffentliche Stadtbild störende „Randgruppen“ vorzugehen, hat sich ja vielfach gezeigt. Ob Campier-Verordnung, unbegründetes Stehenbleiben, „aggressives Betteln“ usw., es findet sich für jede unerwünschte Gruppe ein Paragraf, um die Innenstadt in eine ungestörte Einkaufsstraße zu verwandeln.
In vielen Staaten Europas scheint gerade Armut in den Verdrängungs-Charts ganz oben zu rangieren. Nämlich sichtbare Armut, Menschen, die auf der Flucht vor Armut in den Heimatländern in andere Staaten fliehen, um sich und oftmals auch ihren Familien das Überleben zu sichern. Ermöglicht werden diese verstärkten Fluchtbewegungen durch die erhöhte Reisefreiheit innerhalb der Europäischen Union. Die Verschärfung der Armut ist aber oftmals auch von der EU stark beeinflusst. Der Kapitalismus führt zu einem schnellen Ansteigen der Preise von Konsumgütern, der langsame Anstieg der Löhne kann nicht mithalten, was vor allem die ärmsten Schichten in den Ländern aus der Armut in den tatsächlichen Überlebenskampf drängt. Einige versuchen, diesem Überlebenskampf durch Migration in andere EU-Länder zu entgehen.
Die direkteste Art, in Österreich mit Armut konfrontiert zu werden, ist es, von Menschen angesprochen zu werden, die betteln. Oftmals passiert dies in oder vor Lokalen, wo vielleicht gerade in angenehmer Atmosphäre ein Treffen bei gutem Essen und Getränken stattfindet. Es kommt somit zum Aufeinanderprallen zweier Welten. Egal ob jetzt Geld oder Essen an den_die Bettler_in abgegeben werden, es bleibt ein unangenehmes Gefühl zurück.
Was sind die Lösungsvorschläge der österreichischen Politik dafür? Bettelverbote, Vertreibung von Obdachlosen von öffentlichen Plätzen, generell die Vertreibung von Menschen in schwierigsten Lebenssituation aus der Innenstadt, aus dem Blick, aus dem Sinn … Parkbänke werden als Abwehranlagen von Schlafwilligen gedacht/geplant, der öffentliche Raum wird zur Festung des Kapitalismus, wo alles Störende möglichst außer Sichtweite verbannt werden soll.
Dass Partei-Politik in Österreich irgendwelche Probleme lösen kann, glaubt mittlerweile wohl niemand mehr. Es erfrieren, es sterben zu viele Menschen auf der Straße oder auf dem Weg nach Österreich. Täglich wird von vielen Füßen das Selbstwertgefühl von Menschen, die sich schon am äußersten Rand der Gesellschaft befinden, getreten. Wie aber ist es möglich, in dem Bereich zwischen Politik und karitativen Einrichtungen reflektiert und politisch sinnvoll zu agieren? Wie viele Ausgrenzungsfaktoren sickert auch die geschürte Angst vor Obdachlosen und Bettler_innen in unser Unbewusstes. Die eigenen Vorurteile und Rassismen zu bearbeiten, könnte hier ein wichtiger erster Schritt sein.
Versuchen wir doch, nicht eines der vielen Gesichter zu sein, die sich wegdrehen, wenn wir mit einer ausgestreckten Hand konfrontiert sind. Wenn die Zeit und Stimmung es zulässt, kann ein kurzes Gespräch den Leuten die Möglichkeit geben, sich ernst genommen zu fühlen. Eine Geldspende macht den_die Bettler_in unabhängiger als eine Sachspende. Ein mitgebrachter Tee erzeugt aber vielleicht ein besseres Gefühl als 50 Cent. Wie wäre es mal mit einer Einladung auf ein Getränk in einem Lokal; oder damit, mit einigen Freund_innen zu überlegen, wie einer Person konkret geholfen werden könnte!? Beziehungen aufbauen, den Menschen hinter der ausgestreckten Hand kennenlernen, um herauszufinden, ob Hilfe gewollt wird, und falls ja, welche Form die richtige sein könnte. Schließt euch zusammen, bildet solidarische Banden!