Kulturpolitische Ziele - Die Positionen der Parteien zur Wahl 2024
Im Vorfeld der Nationalratswahl 2024 haben wir die Parteien nach ihre kulturpolitischen Positionen befragt. Den Abschluss macht die Frage nach den kulturpolitischen Prioritäten der Parteien für die nächsten 5 Jahre. Das haben die Parteien geantwortet. Teil 3/3 der Serie "Kulturpolitik zur Wahl".
Welche Ziele setzen sie sich für die kulturpolitische Arbeit ihrer Partei in den nächsten 5 Jahren? Gibt es konkrete Vorhaben?
Die Antworten der Parteien*, sortiert nach den Wahlergebnissen der letzten Nationalratswahl 2019:
ÖVP: "Kulturelles Erbe und zeitgenössisches künstlerisches Schaffen müssen gleichermaßen gesichert sein. Der Rang, den die Kultur in Österreich genießt, muss für die Zukunft abgesichert und ausgebaut werden. Dies sind einige wenige Vorhaben, die wir in den kommenden Jahren umsetzen möchten:
- Schaffung einer gemeinsamen Kulturplattform für den Donauraum/Mitteleuropa
- Verstärkte Investition in kulturelle Bildung in allen Altersgruppen. Verstärkte Förderung individueller Kunst- und Kulturfertigkeiten im außerschulischen Bereich und Erweiterung der Musikschulen zu Kunst- und Kulturschulen
- Umfassende Digitalisierung der österreichischen Museen und Unterstützung von Kulturinstitutionen zur Erschließung breiterer und jüngerer Publikumsschichten.
- Stärkere Zusammenarbeit im Kunst- und Kulturbereich zwischen Gemeinden, Ländern und Bund mit gemeinsamer Verwirklichung von Zielen
- Steuerliche Entlastungen im Kunst- und Kulturbereich."
SPÖ: "Wir haben die letzten Jahre genutzt, um ein umfassendes Kulturprogramm mit zahlreichen Vorhaben zu erarbeiten. Die wichtigsten Pläne im Überblick:
- Die Freiheit der Kunst verteidigen: Bekenntnis zu künstlerischer Freiheit, Sicherung der materiellen Grundlagen, Kultur als Staatziel, eigenes Kulturministerium, Internationalisierung
- Kulturpolitik für alle mit allen: Forcieren von Gratisangeboten, Kulturgutscheine für junge Menschen, freier Museumsabend jede Woche in den Bundesmuseen, Stärken der Inklusion von Menschen mit Behinderung (Siehe auch Frage 1)
- Kulturelle Bildung von Anfang an: Aktionsplan für kulturelle Bildung, tägliche Kreativeinheit an Schulen, Sicherung der Qualität des Musik- und Kunstunterrichts, Ausbau der Kooperationen zwischen Schulen und Musikschulen oder Kultureinrichtungen, Weiterentwicklung von Musikschulen zu gesamthaften Kunstschulen (Siehe auch Frage 1)
- Fair Pay und bessere soziale Absicherung für Künstler:innen (siehe Frage 2)
- feministische Kulturpolitik: gleichberechtigte Vergabe von Fördermitteln, spezifische Frauenförderprogramme, Berücksichtigung von Betreuungspflichten bei der Kunstförderung und Unterstützung bei der Kinderbetreuung, null Toleranz bei Übergriffen
- Nachhaltig das Kulturelle Erbe sichern: Bundeskulturinstitutionen absichern, Haus der Geschichte Österreichs in die Eigenständigkeit führen, modernes Denkmalschutzgesetz, Baukulturförderprogramm, Nachhaltigkeit als Förderprinzip
- Kulturstandort Österreich: Aufstocken der Förderungen für Fernsehfonds und Filminstitut, Reduzieren der Bürokratie, ORF in Verantwortung nehmen, fairer Beitrag von Netflix, Spotify & Co, Strategie für Professionalisierung und Nachwuchsförderung."
GRÜNE: "Die Film- und Musikbranche wollen wir unterstützen, in dem wir internationale Streaming-Unternehmen zu Zahlungen und Direktinvestitionen verpflichten wollen, Stichwort Investment Obligation. Fair Pay muss weiter ausgebaut und nachhaltig implementiert werden. Ein Investitionsfonds soll den Einsatz von KI unterstützen – insbesondere kleinere sowie mittlere Kunst und Kultureinrichtungen und -initiativen. Zum Schutz kreativer Arbeit braucht es auch entsprechende Rahmenbedingungen mit klaren Regeln und einem Urheberrecht, das an das KI-Zeitalter angepasst ist. Diese umfassen Transparenz beim KI-Einsatz, die Umsetzung des EU-AI-Acts und vor allem Vergütungsmodelle, ob kollektiv oder individuell wird zu prüfen sein. Und wir wollen jedenfalls ein Rückgabegesetz für koloniale Exponate in den Museen und Sammlungen des Bundes." – Eva Blimlinger, Die Grünen
NEOS: "Wir werden uns einsetzen für:
- Mehr Geld für Kultur und Künstler:innen und weniger für überzogene Bürokratie.
- Wir werden uns für weniger Einmischung durch die Politik bei der Entsendung von Personen in Aufsichtsräte von Kulturbetrieben einsetzen.
- Weniger Zentralismus im Kulturbetrieb und mehr kulturelles Angebot in den Regionen.
- Wir werden uns für die jährliche Valorisierung der Basisabgeltung einsetzen, denn diese wurde bei der Ausgliederung schlichtweg vergessen und die jährlich steigenden Personalkosten belasten die Budgets Jahr für Jahr stärker.
- Eine Museumsreform mit klaren Zuständigkeiten und Abgrenzungen. Dafür braucht es eine sinnvolle Koordinierung von Seiten des Kulturministeriums gemeinsam mit den jeweiligen Direktor:innen.
- Abschaffung der fixen Sitze für Regierungsparteien in Kulturbeiräten sowie weniger Einmischen durch die Politik bei der Entsendung von Personen in Aufsichtsräte von Kulturbetrieben.
- Einen verstärkten Fokus auf musikalische Bildung in Kindergärten und Volksschulen.
- Büchereien sollen noch stärker niederschwellige "Orte der Begegnung mit Literatur" werden und sich als offene, partizipative Lernorte verstehen, die ihre Besucher_innen zum Verweilen einladen.
- Verstärkte Förderung von Initiativen, die Leerstände und Freiräume mit kulturellem Leben erfüllen."
KPÖ: "FairPay und die soziale Absicherung von Kulturarbeiter:innen soll bei allen öffentlichen Förderungen als wesentliche Grundvoraussetzung und Aufgabe der Kulturförderung verankert werden - damit übernimmt die öffentliche Hand ihren soziokulturellen Vorbildcharakter und dieser schwappt bestenfalls auch in den privaten Sektor über. Verhandlungen über die Möglichkeit von Kollektivverträgen für das kulturelle Feld und vereinfachte Zugangsbedingungen in den Künstler:innensozialfonds sollen stattfinden und wesentliche Besserstellungen erreichen. Unabhängige Medien (Verlage, Print, Radio, Communitysender, etc.) und zugehörige Ausbildungsstätten sollen als Kern der österreichischen Informationslandschaft langfristig und ausreichend durch die öffentliche Hand ausgestattet werden. Die freie Szene soll neben den großen Institutionen als Hauptakteur der Kulturlandschaft und als Kulturgrundversorgung und Grundpfeiler einer offenen Gesellschaft sichtbarer gemacht werden. Das Stadt-Land-Gefälle im kulturellen Angebot soll verringert werden und kulturelle Kooperationen quer durch Österreich und andere Länder im Sinne einer demokratischen Selbstverständigung angeregt werden."
KEINE: "Wie in vielen Kulturstrategien schon erarbeitet wurde, sind regionale, gemeinschaftliche Strukturen sinnvoll und hilfreich. Vereine haben geeignetere Strukturen für bürokratische Interaktionen und können, ähnlich wie Gewerkschaften, Verhandlungsgewicht bündeln. Gut geförderte Kunst- und Kulturvereine sollen die bürokratische Interaktion mit dem Staat abwickeln. Dafür müssen diese Vereine gewisse strukturelle Kriterien erfüllen und lokale Künstler:innen mit Räumlichkeiten und Finanzmitteln unterstützen. Auch die Forderung nach mehr Kollaboration zwischen Hochkultur und Subkultur könnte man gut in die Förderungskriterien einbauen; so wie die Miteinbeziehung lokaler Schulen o.Ä. Als Künstler:in oder Gruppe braucht man dann nicht mehr mit abstrakten Formularen hofieren, sondern ist Teil einer Gemeinschaft und wirbt dort für die eigenen Projekte bzw. findet Konsens. Zusammengefasst ist unser Ziel der Abbau der Bürokratie für Kulturschaffende sowie die Schaffung von Rahmenbedingungen, die adäquate Lebens- und Arbeitsbedingungen gewährleisten."
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Kulturpolitik zur Wahl
Podiumsdiskussion mit Parteivertreter*innen anlässlich der Nationalratswahl 2024
Donnerstag, 12.9.2024, 19 Uhr
Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien
und im Livestream
Es diskutieren (alphabetisch gereiht): Sabine Aigner (Keine), Eva Blimlinger (Grüne), Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), Nikolaus Kohlberger (KPÖ) und Josef Schellhorn (Neos). Angefragt, noch ohne Zusage: ÖVP, Bierpartei.
Moderation: Lisa Mayr-Sinnreich (Arbeiterkammer Wien, vormals „Der Standard“).
Eine Veranstaltung des Kulturrat Österreich, dem Zusammenschluss der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden.
*Die Befragung der Parteien wurde vom Kulturrat Österreich in Vorbereitung der Podiumsdiskussion durchgeführt; Die Antworten wurden ungekürzt, lediglich leicht redigiert, so sich Tippfehler eingeschlichen haben, wiedergegeben. Einleitung und Titel von IG Kultur Österreich.