don’t you cry baby

– denn es gibt nichts schöneres als (geschützte) freiräume

an einem montag morgen im august sitze ich um circa acht uhr morgens im auto einer musikerkollegin. wir sind zu dritt auf dem weg nach hollabrunn. in kürze geht’s für uns workshopleiterinnen und bandcoaches los mit dem GIRLS ROCK CAMP 2013 (GRC). ich bin aufgeregt und neugierig auf die mädchen, einige kenne ich schon vom vorjahr – bei mir sollen sie in den produktionsbereich elektronischer musik reinschnuppern, mal sehen, was es an gerätschaften und software gibt, was gratis zur verfügung steht und was teuer gekauft werden muss. wie es möglich ist, mit dem smartphone einen beat zu machen oder 2 tracks ineinander zu mixen und vieles mehr ... über den tag verteilt mache ich vier eineinhalbstündige workshops mit jeweils drei bis fünf mädchen. wer aufgeregter ist, ich oder die mädchen – die im GRC am sonntag ankommen, einander kennenlernen, die proberäume und das gelände des ehemaligen schlachthofs und seine bühnen besichtigen, mit dem team im rahmen des abend- und begrüßungsprogramms ihre „campregeln“ aufstellen –, ich kann es nicht sagen. als 45-jährige „erwachsene“ frau stehe ich mädchen und jungen frauen zwischen 13 und 21 jahren gegenüber – mit meinem „wertekostüm“, meinen erfahrungen und meinem feminismusbegriff sowie dem anspruch, alles irgendwie gut und richtig zu machen. dinge zeigen und erklären, nichts voraussetzen, neugierig sein, den vorraum, den wir bespielen, richtig zu „rocken“.

Die Welt nicht lesend, sondern hörend verstehen. (Jacques Attali)

im GRC findet so vieles statt, ich könnte ein buch darüber schreiben. es geht nicht nur darum, dass mädchen und junge frauen möglichst schnell effizient lernen, popmusikklischees runterzuspielen oder sich eine riot-girl-attitude als pose anzueignen. das GRC ist auch sozusagen in der woche der treffpunkt queer/feministischer protagonistinnen der wiener (und nicht nur) musik-, label-, club-, alternative medien und veranstaltungsszene. die workshopleiterinnen und bandcoaches spielen in den „angesagtesten“ bands: zb Luise Pop, Crystal Soda Cream, Petra und der Wolf, MuttTricx, First Fatal Kiss, Plaided, Beach Girls and the Monster, Laminadyz, Gustav, und ich könnte jetzt noch mehr aufzählen (aber das wäre dann schon parallel der beginn der female pressure PERSPECTIVES festival diskussion 2013: es gibt viele musiker_innen und produzent_innen, warum sehen das die meisten veranstalter noch nicht?)

innerhalb einer woche wird es möglich, nach praktischen und theoretischen workshops, diskussionsrunden, filmscreenings, nach der spannenden „bandfindung“ am dienstag abend, nach intensiver proberaum- und songschreibenzeit, eine abschlussparty am samstag zu rocken, wo es nicht nur eltern und familie der musikerinnen ein paar tränen raustreibt.

samstag abend verwandelt sich die große bühne im schlachthof hollabrunn in einen magischen ort. wie war das möglich? wir haben in so kurzer zeit so viel gemacht? die vier bands haben drei bis vier songs komponiert, arrangiert, zum teil mit instrumenten, die sie noch nie davor gespielt hatten, eingeübt und unter großem beifall und jubel präsentiert: ach ja, und die themen ihrer songs: vorurteile (don’t you pigdeonhole someone), land- vs. stadtleben, identität, selbstermächtigung, körper.

der sommer war so gut, der herbst nach der wahl wird zur herausforderung und zum herbst der entfesselten lohnarbeit.

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