Fight-Specific Isola. Arte, Attivismo, e il Futuro della Città

Eine der Stärken dieses schönen Buches liegt in der Verknüpfung eines vertieften und zugleich „persönlichen“ Einblicks in die Geschichte und Aktualität eines spannenden Stadtteils in Milano mit Fragen der globalisierten Gentrifizierung sowie die Verbindung der Beschreibung von instituierenden Praxen und der Rollen, welche Kunst in ihnen nach der Kritik von community and participative art einnehmen kann.

Textbeiträge von Atelier d’Architecture Autogérée, Marco Biraghi, Anonio Brizioli, Charles Esche, Mara Ferreri, Davide Castelli, Vincenzo Latronico, Isabell Lorey, Steve Piccolo, Gerald Raunig, Christoph Schäfer, Marco Scotini, Bert Theis, Tiziana Villani.

Es gibt keine weißen Seiten in diesem Kollektivprojekt in Buchform, welches so dicht mit Gesichtern, Geschichten, Bildern von Architektur, Karten und Text bestückt ist, dass man fast ein bisschen desorientiert ist, wenn man es zur Hand nimmt. Wo fängt man da an, wie schlägt man das auf? Diese angenehme kleine Verwirrung wird verstärkt durch den Fotocomic, welcher den ganzen Buchrücken überzieht, in die ersten Seiten übergeht und einen sogleich in die Isola „hineinsaugt“. Die als „gelbe Seiten“ in der Mitte des Buches eingebettete schematisierte Chronologie und das Kartenmaterial am Ende helfen bei der Orientierung wieder auf die Sprünge.

Ein gut die Hälfte der Publikation ausmachender Text- und Bildteil gibt einen kurzen Einblick in die Geschichte des ehemaligen Industrie- und Arbeiterquartiers seit dem späten 19. Jahrhundert. Der Fokus liegt aber in den von Bert Theis und Antonio Brizioli verfassten folgenden sechs Kapiteln auf den Entwicklungen der letzten zwölf Jahre. Dieser erste Teil gibt dem Volumen eine starke Prägung, indem er die Geschehnisse aus einem bestimmten Blickpunkt heraus erzählt und dabei besonderes Gewicht auf das Isola Art Center(1) und die damit verbundenen Kollektive und Aktivitäten legt. Die Geschichte des Isola Art Center ist dichtest verwebt mit der des Quartiers, weil das Zentrum innerhalb eines der härtest umkämpften architektonischen Objekte entstanden ist, einem besetzten Fabrikgebäude, der Stecca degli artigiani und den sie umgebenden Grünflächen, welche die IsolanerInnen in Eigenregie zu öffentlichen Gärten umgewandelt hatten.

Ein weiterer Teil des Buches versammelt Texte, geschrieben von UrbanistInnen, KünstlerInnen und TheoretikerInnen, welche einerseits eine Pluralisierung der Stimmen und eine Beleuchtung von verschiedenen Aspekten erlauben, zum Beispiel der Arten der Kunstproduktion innerhalb von Isola, der Architekturgeschichte oder der Gentrifizierung und ihrer komplexen Beziehungen zu Kunst und Gestaltung.

In der Bemühung, eine eigene Theoriebildung voranzutreiben, werden in der Publikation drei Begriffe vorgestellt. Interessant scheinen die beiden Begriffe fight-specific – als Abwandlung von sight-specific – sowie das disperced center und die damit verbundenen Kunstpraxen, etwas weniger überzeugt vielleicht der Begriff dirty cube als Gegenstück zu white cube.

Eine der Stärken dieses schönen Buches liegt in der Verknüpfung eines vertieften und zugleich „persönlichen“ Einblicks in die Geschichte und Aktualität eines spannenden Stadtteils in Milano mit Fragen der globalisierten Gentrifizierung sowie die Verbindung der Beschreibung von instituierenden Praxen und der Rollen, welche Kunst in ihnen nach der Kritik von community and participative art einnehmen kann. Letzteres geschieht sehr anschaulich anhand von vielen Beispielen aus den gesammelten Erfahrungen mit widerständigen Praxen der IsolanerInnen und ihrer Gäste und der theoretischen Reflexion vor allem im letzten Teil des Buches zusammen mit TheoretikerInnen von in- und „außerhalb“ der Isola.

(1) http://www.isolartcenter.org

Isola Art Center (Hg.): Fight-Specific Isola. Arte, Attivismo, e il Futuro della Città. Milano, Berlin: Archive Books 2012

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