Fair Pay in Vorarlberg - Strategie im Sommer 2023 erwartet

Während sich die Bundesländer Salzburg, Tirol und Steiermark zuerst für die Erhebung des Fair Pay-Gaps im nichtselbständigen Kulturarbeitserwerbs entschied, fokussiert die Vorarlberger Landesregierung seit 2021 die Erhebung der prekären Einkommensverhältnisse von Vorarlberger Künstlerinnen und Künstlern. Parallel dazu ermittelt die Kulturabteilung des Landes den Fair Pay-Gap, also die Lücke zwischen der tatsächlichen Bezahlung und den Gehaltsempfehlungen der Interessensvertretungen, bei ausgewählten Einrichtungen. Eine umfassende und den breiten Vorarlberger Kultursektor betreffende, detaillierte und transparente Erhebung gibt es bis dato nicht.
Welchen Regeln das Spiel um ausreichende Budgetmittel mit je nach Kunstsparte und Kultureinrichtung verschiedenen Würfeln jetzt und in Zukunft unterliegen wird, ist somit noch offen.

Mit Spannung und teilweise schwindender Geduld werden aktuell sowohl die Ergebnisse der bereits 2021 in Auftrag gegebenen Prekariatsstudie durch die FH Vorarlberg, und damit verbundene Handlungsempfehlungen an die Kulturabteilung des Landes Vorarlberg, als auch eine Strategie, wie die Landesregierung hinkünftig mit Fair Pay umgehen wird, erwartet.


2022 startete der Bund sowohl eine Fairness-Strategie als auch ein Fair Pay-Pilotprojekt mit zweckgewidmeten Zuschüssen, die auf einer bundesweiten Erhebung fussten. Auf den Fair Pay-Vorstoß der Bundesregierung reagierten die Landtagsabgeordneten Christoph Thoma (ÖVP) und Bernhard Weber (GRÜNE) am 22. März 2022 mit einem selbständigen Landtagsantrag "Fair Pay in Vorarlberg – Begleitung der Pilotphase, Rahmenbedingungen für Umsetzung schaffen Selbstständiger Antrag gem. §12 GO", in dem es u.a. hieß:
 

Gute Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur zu schaffen ist nicht nur eine wesentliche Aufgabe einer erfolgreichen Kulturpolitik, faire Arbeitsbedingungen und vor allem faire Bezahlung in Kunst und Kultur sind seit Jahren auch eine der wichtigsten Forderungen der Kunst- und Kulturszene. 


Der Antrag der beiden Kultursprecher der Regierungsparteien lautete:

“Die Vorarlberger Landesregierung wird beauftragt,

1. ergänzend zu den bereits erfolgten Maßnahmen und analog zu den Entwicklungen im Bund weitere Schritte einzuleiten, um eine Ist-Analyse des „Vorarlberger Fair Pay Gap“ zu erhalten,

2. dem Thema „Fairness“ bei der in Planung befindlichen Kulturenquete des Landes im Herbst 2022 einen angemessenen Diskussionsraum einzuräumen und

3. darauf aufbauend in einem weiteren Schritt die Rahmenbedingungen zu schaffen, um gemeinsam und in Abstimmung mit dem Bund sowie den Vorarlberger Städten und Gemeinden, „Fair Pay“ im Kunst- und Kulturbereich zu implementieren.“

 

Der Antrag wurde in der Landtagssitzung am 11. Mai 2022 zu einem entsprechenden Auftrag. Der Endbericht dazu wurde den Landtagsabgeordneten von der Vorarlberger Kulturabteilung Anfang 2023 vorgelegt.

Ein von der IG Kultur Vorarlberg kritisierter Punkt dabei ist, dass von einer wie in Salzburg oder der Steiermark umgesetzten Erhebung zum Fair Pay-Gap hier abgesehen wurde. Stattdessen setzt die Vorarlberger Kulturabteilung auf diesen Schritt (Stellungnahme ad 1, Seite 2):

Anstelle einer pauschalen Fair-Pay Erhebung aller Kulturveranstaltenden wurden mit den meisten Kulturakteur:innen maßgeschneiderte Lösungen bzw. Entwicklungsschritte sondiert (etwa allerArt, Saumarkt, Kammgarn, Spielboden…).

Individuelle Maßnahmen auf Basis bestehender Rahmenbedingungen und Strukturen von Kultureinrichtungen zu finden, mag einerseits eine Basis für eine treffsichere Förderung sein, geht aber andererseits zu Lasten eines transparenten und für alle nachvollziehbaren und fairen Prozesses und kann zudem Machtasymmetrien fördern. Es stellt sich Frage, was mit jenen Kulturvereinen passiert, die sich nicht bei der Verwaltung melden oder dorthin zum Gespräch geladen werden.


Wie geht´s nun weiter?

Die Erhebung ist die eine Sache, die andere und für die Existenz von Kulturakteur*innen relevantere ist die Fair Pay-Strategie. Wie wird die Vorarlberger Landesregierung hinkünftig mit Fair Pay-Zuschüssen umgehen?

  • Wird es eine stufenweise Annäherung über mehrere Jahre geben, so wie es in Salzburg praktiziert wird?
  • Stehen Fair Pay-Zuschüsse in Abhängigkeit von anderen Gebietskörperschaften wie Städten und Gemeinden, oder bleiben sie unabhängig entsprechend des jeweiligen Anteils der Subventionsgeber?
  • Wie wird das Kulturbudget für 2024 aussehen?
  • Könnten Fair Pay-Zuschüsse von der Teuerung "gefressen" werden, sofern das Vorarlberger Kulturbudget auch weiterhin die Inflationsrate ignoriert?

Beste Beispiele und Empfehlungen, wie eine Fair Pay-Strategie Einzug in das Fördersystem halten kann, haben unsere Kolleg*innen von der IG KiKK in einem sehr lesenswerten Bericht vorgelegt.

 

Ein Terminausblick


Was auf unsere Nachfrage von der Kulturabteilung des Landes Vorarlberg jedoch zur Orientierung vorgelegt wurde, ist eine Grafik und Erläuterung der Termine, zu denen Kulturstrategie-Updates als auch neue Strategien und Erkenntnisse präsentiert werden sollen.

Timeline Strategien Kunst und Kultur Vorarlberg 2023

 

  • Prekariatsstudie der FH Vorarlberg, Infos zur Studie hier
    > Ende April 2023: Erstbericht, Feedbackrunde mit Auftraggeber Vlbg. Landesregierung
    > Bis Mitte Mai 2023: Erstellung einer Kurzfassung für Strategie-Papier
    > voraussichtlich am 22. Mai 2023 um 10.30 Uhr: Präsentation der Studie durch die FH Vorarlberg (Studienleiter Fabian A. Rebitzer)
     
  • Fair Pay-Strategie
    Die finale Version wird Teil des Kulturstrategie-Updates und voraussichtlich im August/September 2023 veröffentlicht.
     
  • Kulturstrategie-Team mit Winfried Nußbaummüller, Susanne Fink, Claudia Voit, Eva Häfele und Edgar Eller: laufend Sitzungen
    August - September 23: Update der Kulturstrategie
     
  • Publikationen
    > Publikation I: Kulturenquete-Bericht bis Ende Juni 2023
    > Publikation II: Prekariats-Studie bis Ende Juni 2023
    > Publikation III: Strategie-Update bis August/September 2023
     
  • Metahub aus Kulturenquete Oktober 2022
    Sammlung aller Inhalte und Akzentsetzung im Digitalraum, parallel zur Veröffentlichung von Publikation I und II
     
  • Museums-Welten
    > Interreg-Forschungsprojekt zur Nicht-Publikumsforschung, Details hier
    > Erkenntnisse der Bevölkerungsbefragung fließen in Prekariats-Studie und Strategie-Update
    > fertiggestellt bis Ende Juli 2023
     
  • Jugend-Stimmungsbild
    > AHA-plus - Befragung (umgesetzt), Tandem-Veranstaltung im Mai 2023
    > Bis Ende Mai 2023: Teil des Strategie-Updates

 

 

 

Ähnliche Artikel

Am vergangenen Donnerstag lud der Kulturrat Österreich anlässlich der bevorstehenden Nationalratswahl zu einem Podiumsgespräch über die zu erwartende Kunst- und Kulturpolitik ins Wiener Depot. Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), Eva Blimlinger (Grüne), Josef Schellhorn (Neos), Nikolaus Kohlberger (KPÖ) und Sabine Aigner (Keine) (gereiht nach den Wahlergebnissen 2019*) stellten ihre kulturpolitischen Perspektiven vor und präsentierten ihre Antworten auf offene Baustellen in Kunst, Kultur und Freien Medien. Was ist von welcher Partei zu erwarten - Ein Rückblick auf die Diskussion „Kulturpolitik zur Wahl“.
Anlässlich der Nationalratswahl hat die ARGE Kulturelle Vielfalt den wahlwerbenden Parteien einen kulturpolitischen Werkzeugkoffer überreicht. Er enthält praktische Tools und Anleitungen für effektive Kulturpolitik in der kommenden Legislaturperiode.
Im Vorfeld der Nationalratswahl 2024 haben wir die Parteien nach ihre kulturpolitischen Positionen befragt. Was planen die Parteien in Punkto "Fair Pay für Kunst- und Kulturarbeit"? Was braucht es um die soziale Lage der in Kunst und Kultur Tätigen zu verbessern? Das haben die Parteien geantwortet. Teil 2/3 der Serie "Kulturpolitik zur Wahl".