VorRisse

Der bereits im Dezember 2003 ins Leben gerufene Fonds für Kunst im öffentlichen Raum hat sich eher als mythenumwobenes Gebilde herausgestellt, dem vor allem eines fehlt: Öffentlichkeit.

Wenn Kunst im öffentlichen Raum zu verstehen ist als Strategie zur Schaffung, Ausdehnung und Pluralisierung von Öffentlichkeit, wenn anstelle von Repräsentation durch Kunst-am-Bau oder der Lenkung von FußgängerInnenströmen durch skulpturale Stadtmöblierung Eingriffe in gesellschaftliche Prozesse stattfinden oder modellhafte Versuchsanordnungen zu verschiedensten Politikbereichen wie Stadtentwicklung, Gender oder Migration formuliert werden, kann Kunst dazu beitragen, Öffentlichkeiten als Räume von Auseinandersetzung, Konflikt und Diskurs herzustellen. Zugleich bedeutet dies eine interessante Herausforderung an die Kulturpolitik und ihre Instrumentarien, Programme und Strukturen. Es verlangt aber, möchte man meinen, vor allem nach der kulturpolitischen Auseinandersetzung mit einer kritischen "Kunstöffentlichkeit".

In Wien scheint man sich weder der Herausforderung noch der Öffentlichkeit stellen zu wollen. Der bereits im Dezember 2003 ins Leben gerufene Fonds für Kunst im öffentlichen Raum hat sich eher als mythenumwobenes Gebilde herausgestellt, dem vor allem eines fehlt: Öffentlichkeit. Dies betrifft einerseits die Intransparenz der Verfahren, sodass für eine gewisse Zeit die einzige Information darüber in der gegenseitigen Information derer bestand, die abgelehnt worden waren. Es betrifft aber auch die generelle Abwesenheit eines kulturpolitischen, transdisziplinären und kritischen Diskurses. Themen und Gründe dafür – wie wir nun nach der Präsentation der ersten Projekte sehen – gäbe es genug: seien es die an anderen Orten bereits gemachten Erfahrungen, seien es in die Zukunft weisende Kritiken in Bezug auf Funktion und Effekte der ausgewählten Projekte, sei es die allgemeine Problematik der Kulturalisierung und damit Ausblendung politischer und ökonomischer Bedingungen.

Auf mehreren Ebenen versucht der aktuelle Schwerpunkt der Kulturrisse nun einen Beitrag und Anstoß zu dieser unterentwickelten Diskussion zu leisten: Oliver Marchart untersucht die zwei einander gegenüberstehenden Kategorien einer politischen Kunstöffentlichkeit und einer "öffentlichen Kunstpolizei", also der zur Polizei-Strategie verkommenen Kulturadministration. Rahel Pufferts historischer Überblick über die Geschichte der letzten zehn Jahre der Hamburger Stadtpolitik zur Kunst im öffentlichen Raum führt vor Augen, wie von einem einst ob seiner Progressivität Beispiel gebenden Projekt letztlich wenig mehr als neoliberales Marketing blieb. Anne Katrin Feßlers Beitrag versucht, Licht ins Dunkel des Wiener Fonds und seiner rätselhaften Verfahren und Strukturen zu bringen. Exemplarisch für die mögliche und notwendige Verknüpfung einer Auseinandersetzung mit einer Reihe verschiedener Politikbereiche im Kontext von Kunst im öffentlichen Raum untersucht Michaela Pöschl unter dem Aspekt der Geschlechterpolitik, wie Bild- und Raumpolitiken im Wiener Stadtraum die Dichotomie von Opfer und Täter verschärfen. Und schließlich beschreibt Jens Kastner die Verschiebungen der neoliberalen Gouvernementalität hin zu einer hegemonialen Rolle von Konzernen als primäre kulturpolitische Akteure im geopolitischen Umfeld des nicht zum ersten Mal von Kolonisierung heimgesuchten kulturellen Erbes in Mexiko.

Der Schwerpunkt Public Art Policies erscheint nicht zuletzt als kulturpolitischer Stachel am Ende des dreijährigen eipcp-Projekts republicart, das am 31. März 2002 mit der Konferenz TRANSVERSAL in der Wiener Kunsthalle Exnergasse begonnen wurde und dessen Abschluss ebendort am 30. März 2005 mit Buchpräsentation und Fest gefeiert wird.

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