Solidarische Ökonomie & Commons sowie Bedingungsloses Grundeinkommen
Andreas Exner/Brigitte Kratzwald: Solidarische Ökonomie & Commons sowie Karl Reitter: Bedingungsloses Grundeinkommen. Wien: Edition kritik & utopie im mandelbaum verlag 2012
Vor rund einem Jahr eröffnete unter dem Label INTRO in der Edition kritik & utopie des Wiener mandelbaum verlags eine einführende Reihe ihr Programm. Von herkömmlichen Produkten dieser Art wie der „zur Einführung“-Reihe des Hamburger Junius Verlags hebt sie sich vor allem durch ihren explizit politischen Anspruch ab; von alternativen Produkten wie der „theorie.org“-Reihe des Stuttgarter Schmetterling Verlags unterscheidet sie sich dadurch, dass hier weniger linke Theorien, denn vielmehr linke Debatten im Zentrum stehen. Diese sollen seitens der AutorInnen auf rund 150 Seiten in einer Art und Weise dargestellt werden, die auf Niederschwelligkeit und Parteilichkeit bedacht ist. Die einzelnen Bände sind in broschierter Form zum Preis von zehn Euro zu erstehen.
Eröffnet wurde die Reihe 2012 durch zwei Einführungen zu – im weitesten Sinn – „sozialen Fragen“, nämlich Karl Reitters „Bedingungsloses Grundeinkommen“ (BGE) sowie Andreas Exners und Brigitte Kratzwalds „Solidarische Ökonomie & Commons“. Ersterer Band überzeugt vor allem hinsichtlich seiner konzeptionellen Überlegungen zum BGE. Ausgehend vom Slogan „In Freiheit tätig sein“ legt der Autor hier nämlich in stringenter Form dar, inwiefern sich diese Forderung als emanzipatorische Antwort auf den sozioökonomischen Wandel der letzten Jahrzehnte begreifen lässt. Ihren emanzipatorischen Gehalt ortet er dabei zentral in einer Neubestimmung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft sowie in einem Zugewinn an Autonomie aufseiten der Einzelnen. Angesichts des Elends aktueller Debatten um Sozialpolitik, in denen etwas allein schon deshalb als „gut“ gilt, weil es eine Spur weniger übel ist als der Rest, verdeutlicht Reitter so den politischen Einsatz der BGE-Forderung. Und die Art und Weise, wie er unter Rekurs auf Marx die „Gerechtigkeit“ der Forderung nachweist – verkürzt dargestellt: das BGE als Element der Kompensation für die Ausbeutung der Lohnabhängigen im Kapitalismus –, entschädigt in ihrer Originalität schließlich auch für jene Passagen, wo man es ganz gern etwas genauer gewusst hätte.
Angesichts der Mehrdeutigkeit der Begriffe und der Ambivalenz der damit verbundenen Gegenstände genauer wissen wollten es auch Andreas Exner und Brigitte Kratzwald, weshalb sie sich in ihrem Band zu Solidarischer Ökonomie und Commons darum bemühen, das emanzipatorische Potenzial dieser Konzepte herauszuarbeiten. Begriffen als ökonomische Produktions- und soziale Organisationsweisen würden beide als widersprüchliches Element zwar bereits innerhalb kapitalistischer Marktwirtschaften existieren, aufgrund des durch sie vermittelten Autonomiegewinns aber auch über diese hinausweisen. In historischer wie aktueller Perspektive sei deshalb ein Kampf um Commons bzw. um den Versuch ihrer Einhegung konstatierbar, dem die AutorInnen in zwei Feldern nachgehen, nämlich in dem der (digitalen) Wissens-Commons (etwa Freie Software) sowie in dem der Ernährung (etwa Food-Coops). Anhand unterschiedlicher Beispiele (zum Beispiel Kooperativen) werden abschließend konkrete Ansätze zum Aufbau solidarischer Ökonomien untersucht. Wenngleich auf begrifflicher und konzeptioneller Ebene dabei einige Präzisierungen wünschenswert gewesen wären, bietet der Band so einen kompakten Überblick über die Potenziale und Widersprüche der Debatte.
Dem gelungenen Start der Reihe entsprechend groß ist die Vorfreude auf die für Herbst 2013 angekündigten INTRO-Bände, die sich u. a. mit „Feministischer Ökonomie“ und „Antimuslimischem Rassismus“ beschäftigen werden.
Andreas Exner/Brigitte Kratzwald: Solidarische Ökonomie & Commons sowie Karl Reitter: Bedingungsloses Grundeinkommen. Wien: Edition kritik & utopie im mandelbaum verlag 2012