Filmurheberrecht reloaded?

Die Urheber fordern nun seit Jahrzehnten die Abschaffung der cessio legis, auch mit dem Argument, dass nur so ein Verhandeln auf Augenhöhe mit den Produzenten möglich wird. Durch die Entscheidung des EuGH scheinen sie diesem Ziel einen Schritt näher.

Die wesentlichste Kernbestimmung des österreichischen Filmurheberrechts ist die sogenannte cessio legis oder Legalzession. Nach dieser Regelung ist der Filmhersteller Inhaber der Verwertungsrechte (und nicht der Urheber, wie bei anderen Werkgattungen des Urheberrechts). Insbesondere die Filmregisseure forderten seit langem die Abschaffung und Novellierung des Filmurheberrechts, da sie sich durch diese Gesetzeslage übervorteilt fühlen. Ausgerechnet diese Bestimmung war nun Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof.

Auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts war schon bislang normiert, dass der Hauptregisseur jedenfalls als einer der Urheber am Filmwerk gilt. In mehreren Richtlinien sind dazu diverse Verwertungsrechte gemeinschaftsrechtlich inhaltlich determiniert. Auch daraus wurde schon bislang von den Vertretern der Urheber abgeleitet, dass die cessio legis gemeinschaftsrechtswidrig sei.

Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes: Reform in Österreich?

Das Handelsgericht Wien hat unter anderem eben diese Frage dem Europäischen Gerichtshof gestellt (EuGH 9. 2. 2012, C-277/10, Luksan). Dieser kam zum Ergebnis, dass bei einem Filmwerk das Vervielfältigungsrecht, das Recht zur Ausstrahlung über Satellit und jedes andere Recht zur Wiedergabe im Wege der öffentlichen Zugänglichmachung kraft Gesetzes unmittelbar und originär dem Hauptregisseur (Filmurheber) und eben nicht dem Filmhersteller zustehen. Nationale Rechtsvorschriften – wie eben auch die cessio legis – dürfen diese Verwertungsrechte nicht kraft Gesetzes ausschließlich dem Produzenten zuweisen. Im Grunde wäre durch diese Entscheidung des EuGH jetzt der Gesetzgeber gefordert, einen gemeinschaftsrechtskonformen Zustand herzustellen. Bislang scheint man aber eher abwarten zu wollen, wie die österreichischen Gerichte (vor allem der Oberste Gerichtshof) mit dieser neuen Situation umgehen.

Die wesentlichen Bestimmungen zum Filmurheberrecht und auch die cessio legis gehen auf das Jahr 1936 zurück. Der österreichische Gesetzgeber hat sich bisher in seinen Novellierungen auf das notwendigste beschränkt. Blockiert werden Novellierungsbestrebungen auch hierzulande seit Jahren von den Interessenverbänden, der Gesetzgeber sieht tatenlos zu. Jetzt wird sich zeigen, ob und wie der Gesetzgeber auf die Entscheidung des EuGH reagiert und ob er sich zu einer durchgreifenden Reform durchringt.

Die cessio legis stellte innerhalb des österreichischen Urheberrechts systematisch ohnedies seit jeher einen Bruch mit den Prinzipien des österreichischen Urheberrechts dar, wonach Träger der Urheberrechte der ist, der das Werk geschaffen, also die künstlerisch kreative Leistung erbracht hat. Historisch gesehen sollte damit dem Filmproduzenten gewährleistet werden, dass er das Filmwerk weitgehend ungehindert verwerten kann, um so die von ihm eingesetzten Produktionskosten zu refinanzieren. Allerdings haben sich die Produktionsverhältnisse wesentlich geändert, da Filmproduzenten heute in aller Regel kein eigenes Kapital in die Produktionen stecken (ausgenommen budgetierte Eigenmittel, meist in Form von Eigenleistungen), sondern Filme durch Fördergelder ausfinanziert sind. Der Produzent trägt damit primär das Fertigstellungsrisiko, da er sich gegenüber den Fördergebern hauptsächlich zur Fertigstellung des Filmwerks verpflichtet, nicht jedoch primär auf den Verwertungserlös angewiesen ist. Nichtsdestotrotz argumentieren die Filmproduzenten noch, dass nur die cessio legis ausreichende Rechtssicherheit gewährleistet. Interessant dabei ist, dass die cessio legis aber nicht die Rechte am Drehbuch oder andere literarische Vorstufen als vorbestehende Werke umfasst. Hier musste sich schon bisher der Filmproduzent die Rechte durch Vertrag einräumen lassen, was auch zu keinen weiteren Problemen in der Praxis zu führen scheint. Absurderweise hat jetzt gerade das Beharren der Filmproduzenten auf der cessio legis unter dem Motto der Rechtssicherheit zu einer völlig unklaren Lage geführt.

Kein Verhandeln auf Augenhöhe

Hilfreich ist dabei ein Blick ins Ausland: Neben Österreich gibt es dazu bislang nur Italien mit einer ähnlichen cessio legis-Konstruktion, weiters finden sich in Irland und in Großbritannien Regelungen, wonach der Filmproduzent neben dem Regisseur als Urheber anerkannt ist. In der Schweiz wiederum gibt es keine filmspezifischen Regelungen, hier vertraut der Gesetzgeber also gänzlich auf das Vertragsrecht. Die meisten Länder (so etwa auch Frankreich und Deutschland) sehen so genannte Vermutungsregelungen vor. Danach wird vermutet, dass die Verwertungsrechte am Filmwerk durch die Filmurheber, dem Filmhersteller eingeräumt werden.

Die Urheber fordern nun seit Jahrzehnten die Abschaffung der cessio legis, auch mit dem Argument, dass nur so ein Verhandeln auf Augenhöhe mit den Produzenten möglich wird. Durch die Entscheidung des EuGH scheinen sie diesem Ziel einen Schritt näher. Alleine die Streichung der cessio legis oder Ersatz derselben durch eine Vermutungsregelung wird jedoch keine wesentliche Änderung zu Gunsten der Urheber bringen, da typischerweise die Urheber aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Produzenten oft das Nachsehen haben. Es bedarf daher zusätzlicher urhebervertraglicher Bestimmungen, welche die Rahmenbedingungen für die Filmurheber abstecken und ihnen Mindestrechte sichern. Dies ist etwa im deutschen Urheberrecht durch den Bestsellerparagraphen gesichert oder im französischen Urheberrecht dadurch, dass dem Urheber ein Anspruch auf angemessene proportionale Vergütung für jede Verwertungsstufe zu gewährleisten ist. Es bleibt abzuwarten, ob und wie der Gesetzgeber auf diese neue Situation reagiert und die Gelegenheit für eine durchgreifende zeitgemäße Novellierung des Filmurheberrechts erkennt. Hierzu bedarf es wohl auch eines Konsenses zwischen den beteiligten Interessenvertretern im Vertrauen auf eine gemeinsame Zukunft, um an einem gemeinsamen Strang zu ziehen.

Harald Karl ist Partner der Kanzlei Pepelnik & Karl Rechtsanwälte und spezialisiert auf Urheber- und Filmrecht.

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