Kulturpolitik in Salzburg Stadt. Peitsche, Zuckerbrot, Peitsche?

<p>Man erfuhr es aus der (Lokal)Zeitung: Bürgermeister, Finanzreferent und Kulturressortleiter Heinz Schaden plant massive Einschnitte im Kulturbudget. Durch den Finanzausgleich fehlten der Stadt Salzburg rund 6 Millionen Euro im Haushalt 2005, da werde auch die Kultur einen Beitrag leisten müssen. Insgesamt 700.000 Euro Einsparungspotential sah der Bürgermeister bei diesem Posten. Und das, obwohl sich das Kulturbudget der Stadt Salzburg – mit Schwankungen – im Sinken

Man erfuhr es aus der (Lokal)Zeitung: Bürgermeister, Finanzreferent und Kulturressortleiter Heinz Schaden plant massive Einschnitte im Kulturbudget. Durch den Finanzausgleich fehlten der Stadt Salzburg rund 6 Millionen Euro im Haushalt 2005, da werde auch die Kultur einen Beitrag leisten müssen. Insgesamt 700.000 Euro Einsparungspotential sah der Bürgermeister bei diesem Posten. Und das, obwohl sich das Kulturbudget der Stadt Salzburg – mit Schwankungen – im Sinken befindet: Waren es 1992 noch 6,5% des ordentlichen Haushalts, die für Kunst und Kultur verwendet wurden, ist dieser Wert 2004 auf 5,7% zurückgegangen (Quelle: Dachverband Salzburger Kulturstätten).

Um den Haushalt der Stadt zu sanieren, sollten die Kulturförderungen, an die die Stadt Salzburg nicht durch Gesetze, Verträge oder Fördervereinbarungen gebunden ist, um 33% reduziert werden. Das macht 114.000 Euro. Budgettechnisches Kleingeld, für die Betroffenen aber Existenz bedrohend. Insgesamt war der Entwurf in sich selbst nicht schlüssig, die Vorgehensweise bedenklich und die Stimmung gereizt.

Das Kulturamt begründete die Kürzungen mit "Effizienzüberlegungen", verschwieg aber die Kriterien, die einer solchen Beurteilung zugrunde gelegt wurden. Der Ressortleiter schwieg und wollte dieses Schweigen bis zur Abstimmung über das Budget nicht brechen. Die Initiativen und Gruppen protestierten. Aber das war man ja auch schon gewohnt. Die protestieren ja immer. Krisenstimmung. Frustration und Wut machten sich breit: 10 Millionen für eine Olympiabewerbung sind ja drin, Rad-WM und Fußball-EM scheinen auch kein Problem für die Stadt zu sein, aber die 100.000 Euro bedrohen das Finanzgebaren Salzburgs?

Mittlerweile ist dieser Vorschlag vom Tisch. In den Budgetverhandlungen des Stadtsenats wurden die meisten Kürzungen entweder zurück genommen oder abgeschwächt. "Keine Toten, einige Verletzte", so die Bilanz des Dachverbands Salzburger Kulturstätten. Das Landestheater konnte sogar noch eine Fördererhöhung von 200.000 Euro reklamieren.

Ist die freie Kulturszene Salzburgs gerettet? Nicht ganz. Einer der angesprochenen Verletzten ist der ohnehin schon völlig unter Bedarf geförderte Medienbereich, dessen Förderung nochmals um 32% reduziert wird. Dabei stellt sich die Frage, ob in dieser Sparte, die nur ein Fünfzigstel der Förderung von z.B. Musik und Darstellender Kunst ausmacht, noch viel Budgetsanierendes zu holen ist. Aber dennoch: War die Aufregung umsonst? Oder – vielleicht noch besser – hat sie gar genutzt?

Die wesentlich spannendere Frage wäre doch aber: Warum das Ganze überhaupt? Wie kommt man auf die Idee, die Freie Szene um 30% kürzen zu wollen, um das Stadtbudget zu sanieren? Diese Konzeption von Kulturpolitik ist nicht grundsätzlich kulturfeindlich, aber sehr bedenklich. Es ist eine neue Qualität in der Kulturförderung: Wer dort, wo er kann, 30% streichen will, und gleichzeitig den gekürzten Organisationen die fünffache Summe an Projektgeldern für das Mozartjahr 2006 zur Verfügung stellen will, wer sich weigert, zu seinen Vorschlägen Stellung zu beziehen und zu diskutieren, und gleichzeitig 1,35 Millionen für ein alle zwei Jahre stattfindendes Avantgarde-Festival budgetiert, verfolgt ein ganz klares Konzept: Kulturförderung ja, aber unter zwei Prämissen: Erstens, zu meinen Bedingungen. Zweitens, unverbindlich bitte.

Mit dieser Vorgehensweise werden Kulturinitiativen massiv verunsichert: Projektförderungen sind wichtig und notwendig, aber können gesicherte Jahresfinanzierungen nicht ersetzen; Kulturorganisationen brauchen Planungssicherheit. Die Intransparenz bei den geplanten Kürzungen verunsichert zusätzlich: Wer sollte aus welchen Gründen gekürzt werden? Wie geht das nächstes Jahr weiter? Was passiert nach 2006, wenn die Projektfördertöpfe wieder weg sind? Soll man sich vorsichtshalber schon mal umschulen lassen?

Durch die Einführung der mittelfristigen Fördervereinbarungen für Institutionen mit Jahresprogramm wurde die Kulturlandschaft administrativ viergeteilt: in diejenigen, deren Förderung durch Gesetze bestimmt ist, diejenigen, die Verträge mit der öffentlichen Hand haben, die, die über Fördervereinbarungen zwei bis drei Jahre gesichert haben. Und dann natürlich noch die, die keine gesicherten Förderungen haben. Und es sind eben genau diese, bei denen nun so massiv eingegriffen werden sollte. Die Botschaft? Wer seine Schäfchen nicht im Trockenen hat, sollte sich Sorgen machen.
Dabei ist diese Politik nicht ohne kuriose Facetten: In Salzburg wird gerade das neue Gebäude der ARGEkultur errichtet. Bauvolumen 3,8 Millionen Euro. Dort sollen viele kleine Vereine (die fast alle im Bereich der freien Förderung angesiedelt sind und keine mittelfristige Fördervereinbarung haben) arbeiten, produzieren, präsentieren und ein vielfältiges kulturelles Leben anbieten. Aber womit? Die Politik hat ihre Vorgabe klar verlagert: Events statt Jahresarbeit, Festivals statt Kontinuität. Und eben nicht nur Sport statt Kultur, wie so oft behauptet wird. 2001 hat der Gemeinderat ein Kulturleitbild feierlich beschlossen; Es ist drei Jahre alt, und doch schon retro. Es wird nicht einmal mehr erwähnt. Zu zukunftsorientiert. Es geht schon lange nur mehr um den Status Quo. Über die Zukunft mag sich keiner so recht Gedanken machen.


Peter Riegersperger ist Aktivist der Salzburger Internet-Kulturplattform subnet.

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