Tu Felix Austria Nube!

Ob man in Frauenkollektiven wohnt und Männer nur ab und an als Lustspender zu Gast bittet, ob man polymorph perverse Wunschverkettungen Hausgemeinschaften stiften lässt, ob die Lesbendreierehe mit adoptiertem Pinguin oder die Sultanin mit Männerharem zur gesellschaftlichen Normlebensform der Zukunft werden wird, das steht alles noch in den Sternen. Derweilen ist zumindest im Einflussbereich der großen patriarchalen monotheistischen Weltreligionen die heterosexuelle Ehe, die auf jeden Fall die Frauen auf strengste Monogamie verpflichtet, noch die triste Norm.

Ob man in Frauenkollektiven wohnt und Männer nur ab und an als Lustspender zu Gast bittet, ob man polymorph perverse Wunschverkettungen Hausgemeinschaften stiften lässt, ob die Lesbendreierehe mit adoptiertem Pinguin oder die Sultanin mit Männerharem zur gesellschaftlichen Normlebensform der Zukunft werden wird, das steht alles noch in den Sternen. Derweilen ist zumindest im Einflussbereich der großen patriarchalen monotheistischen Weltreligionen die heterosexuelle Ehe, die auf jeden Fall die Frauen auf strengste Monogamie verpflichtet, noch die triste Norm.

Doch während die Rechtssprechung den inzwischen säkularisierten und emanzipierten zivilrechtlichen Niederschlag jenes religiösen Paradigmas, die Zivilehe, auch für homosexuelle Paare eröffnet (zumindest in zivilisierteren Ländern als Österreich), verschließt die Gesetzgebung gleichzeitig den Ehevertrag zunehmend vor Benützung durch MigrantInnen.

"Bella gerant alii, tu Felix Austria Nube! - Kriege mögen andere führen. Du, glückliches Austria, heirate!", lernten wir als stolzen Beispielsatz für die österreichische Tradition gerissener staatspolitischer Charmoffensiven. Hiermit weisen wir das Ministerium für Wahrheit darauf hin, es möge schleunigst diesen Leitsatz der Habsburgermonarchie aus den Geschichtsbüchern löschen, da er geeignet ist, zur Lächerlichmachung heutiger fremdenpolizeilicher Vorgehensweisen verwendet zu werden.

Erinnert uns doch die Maxime der habsburgischen Heiratspolitik daran, dass die Idee der Liebesheirat ein historisch sehr junger, bürgerlich-romantischer Versuch ist, aus Gefühlen, sexuellen Bedürfnissen und ökonomischen Notwendigkeiten einen staats- und kirchengefälligen Mix zu rühren.

Obwohl in Europa schon seit dem 12. Jahrhundert das Einverständnis beider Eheschließender als Bedingung für eine Ehe galt, heiratete und heiratet man nicht nur in Herrschaftsfamilien meist aus handfesten materiellen Gründen. Hof- und Geschäftserweiterungen, Standes- und Statusverbesserungen, Verbandelung von Familien und Betrieben, Steuererleichterungen, erbrechtliche Vergünstigungen, höhere Zahlungen während des Wehr- und Zivildienstes, Versorgung unehelicher Kinder, Verschleierung von Homosexualität in homophober Umgebung, Übertragung von Pensionsansprüchen auf den/die langjährige HaushälterIn etc etc.

Im Mai wurde ein "Fremdenpaket" beschlossen. (Und wer bei diesem Wortungetüm an den mit Klebeband verschnürten Marcus Omofuma denkt, liegt richtig. Ziel und Zweck der gesetzlichen Neuregelungen ist es, möglichst schnell möglichst viele EinwandererInnen in Schubhaft zu verpacken und in ihre Herkunftsländer zu verschicken.) Das Paket sieht vor, das Eingehen von so genannten "Scheinehen" mit Gefängnisstrafen bis zu einem Jahr zu bestrafen. Eine völlig willkürliche staatsrassistische Ausschließung von MigrantInnen. Sie sollen die Einzigen sein, denen es verwehrt bleibt, den Ehevertrag als Mittel zu einem Zweck zu benützen. Sie (und ihre EhepartnerInnen) sind die Einzigen, von denen schon heute in entwürdigenden und völlig ekelhaften fremdenpolizeilichen Befragungen verlangt wird, vor den Behörden gemeinsames Wohnen, Liebe, Zuneigung und gemeinsamen Sex zu beweisen.

Für interkulturelle Liebespaare stellt die Notwendigkeit, zwecks Aufenthaltssicherung zu heiraten, eh schon oft eine Zerreißprobe dar. Man misstraut einander vielleicht, ob es nun wirklich Liebe oder doch nur Zweck ist, man steht unter dem Druck, schneller als vielleicht gewollt, heiraten zu müssen, man ist - zu dem allgegenwärtigen Alltags- und Staatsrassismus - auch noch dem beleidigenden Misstrauen der Ämter und Behörden ausgeliefert. Man sieht sich gezwungen, amtsvoyeuristischen Fremdenpolizisten Fragen aus dem Intimleben zu beantworten, die man keinem Fremden normalerweise je beantworten würde. Doch aus Einschüchterung lässt man sich oft auf das entwürdigende Verhör ein. Und schließlich: Die Person mit der EU-Staatsbürgerschaft ist in der Liebesgeschichte viel besser gestellt: sie kann den/die andere/n unter Druck setzen, ist der oder die doch auf Gedeih und Verderb an die Aufrechterhaltung der Ehe für ein paar Jahre angewiesen. Eine Abhängigkeit, die vor allem Frauen manchmal zwingt, um des Aufenthaltsrechtes willen in unerträglichen Verhältnissen auszuharren.

Die Neuregelungen werden all diesen Druck einmal mehr verschärfen. Skandalöseste und ungerechteste Verschärfung: Künftig sollen die Standesämter schon bei Anmeldung einer binationalen Eheschließung die Fremdenpolizei verständigen. Leuten ohne gültigen Aufenthaltstitel soll überhaupt das Heiraten verboten werden! Ein weiterer Schritt in die europäische Sklavenhaltergesellschaft, in der die Klasse der illegalisierten MigrantInnen sukzessive der elementarsten Menschenrechte beraubt wird. Nun also auch noch des Rechtes auf Ehe. Das ist ein Rückfall ins 18. Jahrhundert, als den Ärmsten und Entrechtetsten die Eheschließung verboten war. Der nächste Schritt ist, dass Prokop und ihre Sektionschefs sich bei allen Ehen mit Flüchtlingen das Recht der ersten Nacht sichern.

Binational homosexuell Liebende sind in Österreich sowieso dazu gezwungen, ihre Liebe durch Schutzehen mit Drittpersonen abzusichern. Und selbst eingetragene binationale gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften gelten nicht EU-weit. Das heißt: zwar darf eine Spanierin mit ihrem marokkanischen Ehemann sich in Österreich niederlassen, für ihre marokkanische Lebenspartnerin gilt die Freizügigkeit nicht.

Für Schutzehen, die nur geschlossen werden zur Aufenthaltssicherung, soll in Zukunft gelten: Bei einem Nachweis der "Scheinehe" verliert nicht nur der/die NichteuropäerIn das Aufenthaltsrecht, sondern auch der/die europäische PartnerIn macht sich strafbar. Wurde die Schutzehe unentgeltlich geschlossen, ist mit einer Geldstrafe zu rechnen, wurde Geld für die Ehe bezahlt, kann es bis zu einem Jahr Gefängnisstrafe geben.

Dass das unentgeltliche Eingehen einer Schutzehe zur Straftat wird, ist ein weiterer Schritt, elementarste Menschlichkeit zu kriminalisieren. Wie auch Beratungstätigkeiten und Fluchthilfe zunehmend kriminalisiert werden. Menschen, die aus politischen Gründen, aus Gerechtigkeitssinn, aus Nächstenliebe oder weil sie sich die Einhaltung der Menschenrechten auf die Fahnen geschrieben haben, sich gegen die Sklavenhaltergesellschaft des Schubhaftregimes engagieren, werden nicht mehr nur diffamiert, sondern mit Strafverfahren und Strafandrohungen überzogen.

Hausdurchsuchungen auf den puren Verdacht hin, es könnten sich illegalisierte Fremde aufhalten, Bespitzelung und Beschnüffelung von RechtsanwältInnen und Beratungsorganisationen: die Ersetzung eines Rechtsstaates durch einen elementarste Rechte missachtenden Sicherheitsstaat tritt nicht mehr nur den "Fremden" ins Gesicht, die schon lange qua Staatsangehörigkeit unter einem alle möglichen Übergriffe legitimierenden Generalverdacht stehen, sondern auch EU-BürgerInnen.

Doch auch die Schutzehe gegen Geld, also nicht als humanitäre Hilfe, sondern als Geschäft, ist nicht verwerflicher als tausend andere materielle Gründe für Eheschließungen. Dass sie kriminalisiert wird, stellt eine grobe Diskriminierung von MigrantInnen dar. Da eben die Ehe allermeist ein Geschäft ist, gehören geschäftliche Abmachungen, Zahlungen, Verträge, Überschreibungen, Brautpreise, Mitgiften, Aussteuern, also materielle Entgelte für eventuell der einen oder anderen Seite durch die Ehe entstehende Nachteile auf der ganzen Welt mit zum Arrangement. Es gibt also keinen Grund - außer staatlichen Rassismus - warum für die Vermittlung und das Eingehen einer Schutzehe nicht ein angemessenes Entgelt bezahlt werden sollte. Von einer Strafandrohung von drei Jahren Gefängnis für Eheanbahnung gar nicht zu reden!

Es ist erst die Kriminalisierung der Schutzehe, die hier Tür und Tor öffnet für die erbärmlichsten Betrügereien an illegalisierten oder von Illegalisierung bedrohten MigrantInnen. Hat sich doch inzwischen die Hoffnung vieler Illegalisierter, per Eheschließung einen Aufenthaltstitel zu erreichen als gewinnbringende Goldgrube für BetrügerInnen erwiesen. Man verspricht eine Eheschließung, die in Wien im Moment zwischen 5000 und 10.000 Euro kosten kann, kassiert eine Anzahlung und verschwindet. Da ja Schutzehen illegalisiert sind, machen die Betrogenen keine Anzeige bei der Polizei. Das Ausmaß dieser Form von Betrug ist also völlig unbekannt, die Täter sind kaum zu fassen.

Andere Variante: Man lässt sich die Schutzehe zwar teuer bezahlen, beendet sie aber nach kurzer Zeit durch Selbstanzeige oder Scheidung unter irgendeinem Vorwand. Der/die EhepartnerIn erhält dann ein Aufenthaltsverbot, die Ehe wird annulliert oder geschieden, und man hat ein gutes Geschäft gemacht.

Um beide Seiten vor unangenehmen Überraschungen zu schützen, wären da seriöse Verträge mit Regelung aller Eventualitäten von Nöten. Diese sind aber nicht möglich, und schon gar nicht einklagbar, da ja Schutzehen gar nicht zulässig sind. Noch gar nicht absehbar ist, was der offizielle Bespitzelungsauftrag an Standesbeamte und die generalisierte polizeiliche Eheüberwachung noch so alles an Konsequenzen nach sich ziehen wird.

Soviel ist aber klar: Wer noch nicht verheiratet ist, möge sich möglichst bald, möglichst noch in diesem Sommer verehelichen. Die Ehe mit einer Person aus einem fremden Land ist in jedem möglichen Fall eine aufschlussreiche, spannende Erfahrung. Weil meist gute, langjährige Freundschaften aus solchen Ehen entstehen. Weil die Erfahrung "Österreich von unten", also das eigene Land aus der Perspektive einer/eines hier Nichterwünschten zu betrachten mehr Erzählstoff als die spannendste Treckingtour in die fernsten Länder liefert. Und weil es die trotzige Selbstermächtigung zu einem basisdemokratischen Einbürgerungsverfahren ist. Noch kann man zumindest einmal alle fünf Jahre gegen alle Polizeien, Gerichte, Verordnungen, Drittstaatsregelungen, Erlasse, Bescheide , Schubhaftverschärfungen, Aufenthaltsverbote etc. etc. einer Person, die man mag, zu einer Aufenthaltserlaubnis verhelfen. Wer wollte sich diese Genugtuung entgehen lassen!


Sachdienliche Hinweise, Tipps und Wissenswertes dazu gibt es auf den Websites

http://www.8ung.at/traudich/

http://www.kanak-attak.de/ka/infopool/zahn.html


Tina Leisch ist Film-, Text- und Theaterarbeiterin und lebt hauptsächlich in Wien.

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