VorRisse

„Das Rundfunkgesetz sowie die entsprechende Rechtssprechung verpflichtet den ORF im Bezug auf alle seine Sendungen zur Objektivität. Der genannte Film widerspricht diesem Grundgesetz in einigen Aspekten deutlich und darf daher aus rechtlichen Gründen nicht ausgestrahlt werden.“ So lautete die Begründung, mit der Franz Grabner, Leiter der ORFKultur Dokumentarfilmredaktion, Ende letzten Jahres die Zensur des Films „Artikel 7 - unser Recht!“ durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich rechtfertigte.

„Das Rundfunkgesetz sowie die entsprechende Rechtssprechung verpflichtet den ORF im Bezug auf alle seine Sendungen zur Objektivität. Der genannte Film widerspricht diesem Grundgesetz in einigen Aspekten deutlich und darf daher aus rechtlichen Gründen nicht ausgestrahlt werden.“ So lautete die Begründung, mit der Franz Grabner, Leiter der ORFKultur Dokumentarfilmredaktion, Ende letzten Jahres die Zensur des Films „Artikel 7 - unser Recht!“ durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich rechtfertigte. Diese Worte aus dem Munde eines ORF Repräsentanten verblüfften zunächst einmal – gerade im Kontext des ominösen „Jubeljahrs 2005“, in dem der ORF als (Medien-)Partner der Bundesregierung am laufenden Band effektvoll inszenierten Hurrapatriotismus in allen nur erdenklichen Formaten servierte und damit einmal mehr eindrücklich seine eigenen „Objektivitäts-Maßstäbe“ unter Beweis stellte.

Daniela Koweindl nimmt dies in ihrem Beitrag zum Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe der Kulturrisse zum Anlass, um die Causa „Artikel 7“ einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen. Auch in Dominik Kamalzadehs Abhandlung zum aktuellen „Hype“ um den politischen Dokumentarfilm spielt besagte Causa eine Rolle, belegt sie seines Erachtens doch das zunehmende Desinteresse des Fernsehens an einer nachhaltigen Durchdringung politischer Komplexe. Dass mit der dadurch forcierten Abwanderung (politischer) Dokumentarfilme in Richtung Kino allerdings auch die Hoffnung auf Entfaltung ihrer emanzipatorischen Potenziale verbunden sein kann, macht Ascan Breuers Artikel deutlich – und zwar gerade weil der Kinoraum als politischer Raum eine Verabschiedung von den Dogmen des Fernsehens, allem voran vom Gebot der Objektivität, erlaubt.

Der eingangs zitierte Verweis auf das „Objektivitäts- Defizit“ von „Artikel 7 - unser Recht!“ überraschte jedoch auch noch aus einem anderen Grund, scheint die damit assoziierte Diskussion in anderen Zusammenhängen schließlich längst abgeschlossen. Sowohl im Bereich der Bildenden Kunst als auch in dem des Kinos nämlich – in denen Dokumentarismen gegenwärtig gleichermaßen hoch im Kurs stehen – wird der Anspruch dokumentarischer Medien auf Neutralität und Unparteilichkeit, ebenso wie jener auf Authentizität und Unmittelbarkeit seit Langem schon offensiv infrage gestellt. Dass Aspekte dieses vielfach kritisierten Anspruchs freilich bis heute auch in solchen Kontexten herum geistern, zeigen die beiden abschließenden Beiträge des Schwerpunkts der vorliegenden Kulturrisse-Nummer. Kurt Hofmann fokussiert dabei auf jene Filme, welche über die behauptete „Wahrheit“ der von ihnen erzählten Geschichten eine Annäherung an das Dokumentarische versuchen und darüber bei ihrem Publikum auf einen „Blankoscheck in Sachen Authentizität“ spekulieren. Michaela Pöschl wiederum beschäftigt sich in ihrem Beitrag mit zwei Beispielen der filmischen Dokumentation von Performances und legt darüber die Problematik offen, welche bei einer unreflektierten Bezugnahme auf vermeintlich „Authentisches“ fast schon zwangsläufig zu Tage tritt.

Die Kulturrisse selbst gehen einstweilen in die vorläufig letzte Runde ihrer (grafischen) Umgestaltung. Neben der Farbe Rot am Cover wartet die aktuelle Ausgabe dabei auch im Heftinneren mit einigen Neuerungen auf. Das betrifft vor allem die Kolumne sputniks exits, in der Marty Huber, seit Oktober 2005 kulturpolitische Sprecherin der IG Kultur Österreich, und Radostina St. Patulova einander gegenüber treten. Damit verabschieden wir nach langjährigem Dienste katjuschas statement, sind aber zuversichtlich, dass von Hito Steyerl und Boris Buden auch weiterhin virtuose Fingerübungen an der Diskursorgel zu erwarten sind. Eine weitere personelle Veränderung betrifft die Redaktion, dürfen wir doch neben Marty Huber auch Elisabeth Mayerhofer als neues Mitglied derselben begrüßen. Seit vielen Jahren als Autorin der Kulturrisse bekannt, vertritt sie derzeit Gabi Gerbasits in der Geschäftsführung der IG Kultur Österreich.

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