Schluss mit dem NFT-Hype
Zeitungen, Fernsehen und Radio berichten derzeit vermehrt von Millionen, die mit dem Verkauf von Pixelkunst und Musik als Non Fungible Tokens verdient werden können. Das neue Album der Kings of Leon wird nicht nur in Musikmedien, sondern auch im Börsen-TV und auf Fintech-Websites besprochen. Das Auktionshaus Christie’s versteigert eine digitale Collage des US-Künstlers Beeple als NFT für 69,3 Millionen US-Dollar. Wohin der Jubel führt, ist jetzt schon klar: In einigen Monaten werden viele dieser Medien den Trend als beendet, die Blase als geplatzt, das Konzept als gescheitert erklärt haben. So funktioniert ein Hype Cycle üblicherweise.
Non Fungible Tokens sind großartig. Aber sie sind nicht das, was sie zu sein scheinen.
Bei NFTs, Ethereum und Bitcoin geht es nicht ums Geldverdienen, sondern darum, Geld nachhaltig zu verändern.
Zeitungen, Fernsehen und Radio berichten derzeit vermehrt von Millionen, die mit dem Verkauf von Pixelkunst und Musik als Non Fungible Tokens verdient werden können. Das neue Album der Kings of Leon wird nicht nur in Musikmedien, sondern auch im Börsen-TV und auf Fintech-Websites besprochen. Das Auktionshaus Christie’s versteigert eine digitale Collage des US-Künstlers Beeple als NFT für 69,3 Millionen US-Dollar. Wohin der Jubel führt, ist jetzt schon klar: In einigen Monaten werden viele dieser Medien den Trend als beendet, die Blase als geplatzt, das Konzept als gescheitert erklärt haben. So funktioniert ein Hype Cycle üblicherweise.
Non Fungible Tokens sind großartig. Aber sie sind nicht das, was sie zu sein scheinen.
Nochmal ganz vom Anfang an
Die ursprüngliche Idee für Kryptowährung stammt aus den neunziger Jahren. Sie wurde damals in einer anonymen Mailing-Liste namens „Cypherpunks“ diskutiert.
Aus der Bewegung entsprangen in den Folgejahren auch einige der wichtigsten Technologien des heutigen Internets, darunter PGP (E-Mail-Verschlüsselung), SSL (Web-Verschlüsselung), TOR (Anonymisierung) und BitTorrent (Filesharing). Mit Bitcoin wollten die Erfinder*innen ein elektronisches Bargeld erschaffen, das in einem Netzwerk ohne zentrale Kontrolle direkt zwischen Nutzer*innen versendet werden kann. Als sich herausstellte, dass die Idee tatsächlich funktionieren würde, war der Enthusiasmus groß – und unter den begeisterten Early Adopters wurde auch gleich über die Möglichkeit nachgedacht, im Bitcoin-Netzwerk unverwechselbare Tokens zu kreieren. Die Idee für NFTs ist also fast so alt wie die für Kryptowährung.
Dezentralisierung
Viele der Sicherheitslücken der Gegenwart, der Missbrauch unserer Privatsphäre, Datendiebstähle, schlechte Governance und Zensur haben mit den monopolartigen und zentralisierten Strukturen im heutigen Internet zu tun. In einer besseren Welt der Social Media könnten wir unseren Digital Identifier mittels eines verschlüsselten Containers von einer Plattform zur nächsten mitnehmen. In einer idealen Zukunft des Musikstreamens würden Songs nicht von Apple oder Spotify verwaltet, sondern von Künstler*innen selbst, in dezentralisierten Musiknetzwerken, deren Non Fungible Tokens gleichermaßen als Urheberrechtsnachweis wie als Lizenz für Musikfans dienen.
Die aufgeregten Berichte über tausende Euro, die man mit tokenisierten Pixeln verdienen kann, sind aber eigentlich eine Ablenkung. In Wirklichkeit ist der NFT einer von vielen Bausteinen der gerade entstehenden, auf Open-Source-Software basierenden Netzwerkinfrastruktur für Streaming Money. Für Geld als Peer-to-Peer-Datenstrom.
Was kann man damit machen?
Stellen wir uns vor, jemand baut einen dezentralen Cloud-Speicher für Musik und audiovisuelle Kunst. User*innen, die einen selbst produzierten Song ablegen, bezahlen für den genutzten Speicherplatz eine geringe Menge an Kryptogeld direkt an jene Menschen, deren Festplatten die Daten beanspruchen. Ein Non Fungible Token ist mit dem Musikstück verknüpft und verweist auf den Autor des Songs. Wer das Musikstück nicht kaufen, aber als Stream anhören will oder wer den Song kaufen will, zahlt und erhält einen Non Fungible Token als Nachweis für den Kauf.
Gibt eine solche Plattform bereits?
Nein. Doch dorthin geht die Reise. Diese sehr langsam stattfindende Erweiterung der Architektur der Kryptowährungen führt zu exponentiell steigender Leistung bei gleichzeitig besserer Energieeffizienz.
Die naive Aufregung rund um erste Versuchsballons mit Kryptowährungsnetzwerken, wie wir sie derzeit rund um NFTs erleben, ist ein Symptom des Experimentierstadiums, in dem sich die junge Technologie befindet. Das Ergebnis sehen wir wahrscheinlich in ein bis zwei Jahrzehnten.
Die Vollversion des Artikels vom März 2021 ist auf der Homepage von FM4 abrufbar.
https://fm4.orf.at/stories/3012980/
Christoph „Burstup“ Weiss ist Musiker und DJ, Producer, Labelbetreiber und Journalist