Delikt Antifaschismus

<p><b>Kulturrat Österreich fordert ein Ende der Kriminalisierung von AktivistInnen und ruft zur Demonstration am Samstag, 26.7.2014 um 18 Uhr auf.</b></p> <p>Der 24. Jänner 2014 in Wien: Die FPÖ macht die Gastgeberin für den Burschenschafterball, weil letztere schließlich doch auch für die Hofburg-BetreiberInnen-Gesellschaft politisch nicht mehr tragbar sind. Die Polizei errichtet eine Sperrzone in der Innenstadt, die in Größe und Ausdehnung alle bisherigen in der

Kulturrat Österreich fordert ein Ende der Kriminalisierung von AktivistInnen und ruft zur Demonstration am Samstag, 26.7.2014 um 18 Uhr auf.

Der 24. Jänner 2014 in Wien: Die FPÖ macht die Gastgeberin für den Burschenschafterball, weil letztere schließlich doch auch für die Hofburg-BetreiberInnen-Gesellschaft politisch nicht mehr tragbar sind. Die Polizei errichtet eine Sperrzone in der Innenstadt, die in Größe und Ausdehnung alle bisherigen in der zweiten Republik übersteigt. In den Innenstadtbezirken gilt - erstmals überhaupt - ein allgemeines Vermummungsverbot (bei Temperaturen unter Null). Die seit Jahren in aller Friedfertigkeit abgehaltene Kundgebung "Jetzt Zeichen setzen" wird untersagt. Alles nur, damit eine Hand voll Ewiggestriger möglichst ungestört in der Hofburg feiern kann - Vernetzung und Allianzverhandlungen europäischer Rechter und Rechtsextremer inklusive.

Die Abschreckung funktioniert nur bedingt: Während zahlreiche AntifaschistInnen das Spektakel von Zuhause aus verfolgen, demonstrieren von zwei Treffpunkten aus mehrere Tausend in der Innenstadt. Beide Demonstrationen gelangen in die Sperrzone, die Blockade der Hofburg gelingt allerdings nicht - der Ball verläuft tatsächlich reibungsloser als im Vorjahr. Auf den Straßen ist es dagegen ruppig: teils schwer verletzte DemonstrantInnen, Sachschaden und in den frühen Nachtstunden eine mehrstündige Einkesselung der Akademie der Bildenden Künste durch die Polizei; dazwischen zahlreiche Festnahmen, hunderte Personalienfeststellungen, Wegweisungen. Polizeilich beamtshandelt wird auch ein Zivilpolizist, ob wegen Verdachts auf Straftaten oder schlichter Willkür ist öffentlich nicht bekannt. Angeklagt, und nur aufgrund der Aussage dieses Zivilpolizisten verurteilt, wurde aber ein Anderer. Josef S., ein junger Antifaschist aus Jena, ist - nicht rechtskräftig - schuldig gesprochen, in "Rädelsführerschaft" Landfriedensbruch begangen zu haben, und zusätzlich an allen Sachbeschädigungen des Abends führend beteiligt gewesen zu sein. Beweis? Gibt es keinen. Landfriedensbruch ist ein Antidemonstrationsparagraph aus Notstandszeiten: Nicht nur muss keine konkrete Tat nachgewiesen werden, ermöglicht wird auch die polizeiliche Verfolgung einer großen Anzahl von DemonstrantInnen ohne lange Suche nach individuell zuordenbaren Delikten. Entsprechend sind gemäß Auskunft aus dem Innenministerium auch noch Ermittlungen gegen rund 500 AktivistInnen wegen Landfriedensbruch am Laufen, einer von ihnen sitzt bereits in U-Haft.

Repression gegen Einzelne: Gemeint sind wir alle!

Ebenfalls zu Beginn dieser Woche stand die Fortsetzung des Prozesses gegen AktivistInnen der Refugeeprotestbewegung, bekannt aus der Besetzung der Votivkirche, an: Ihnen wird - unter fadenscheinigsten Begründungen, aber mit aller Macht der österreichischen „Fremdengesetze“ - Schlepperei vorgeworfen. Mediale Aufmerksamkeit gibt es praktisch keine. Das österreichische Fremdenrecht, das mittlerweile nur mehr hartgesottene RechtsvertreterInnen mit europäischen Grundrechten vereinbar sehen, macht es möglich: Allein der Verdacht ohne Aufenthaltspapiere in Österreich zu sein rechtfertigt jede Hausdurchsuchung; Unterstützung mit Essen, einem Schlafplatz oder gar eine Mitnahme mit dem Auto von Personen ohne Aufenthaltspapiere ist de facto bereits ein Schritt ins Kriminal. Während die Versuche von Polizei und Justiz, mit diesen Paragraphen gegen NGOs vorzugehen, noch knapp gescheitert sind, stehen nun AsylwerberInnen wegen solcher "Delikte" vor Gericht. Die Optik erinnert fatal an die Operation Spring Anfang 2000: Wenn sich Nicht-ÖsterreicherInnen erfrechen, politische Rechte einzufordern, die ihnen auf dem Papier - der europäischen Menschenrechtscharta, der österreichischen Verfassung - zustehen, wird ermittelt, strafverfolgt und letztlich abgeschoben. Jedenfalls solange der Widerstand nicht zu groß ist.

Kulturrat Österreich: Repressionsparagraphen abschaffen!

Der Kulturrat Österreich fordert die amtierenden PolitikerInnen auf, Haltung zu zeigen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu ändern, dass legitimer antifaschistischer Protest, dass zwischenmenschliche Hilfeleistung, dass ein Einfordern von Grundrechten nicht in Gefahr gerät, kriminalisiert zu werden: Einstellung aller Verfahren, Freiheit für den in U-Haft gefangenen Aktivisten, Abschaffen der Landfriedensbruch- und „Kriminelle Vereinigung“-Paragraphen, grundlegende Änderung aller fremdenrechtlichen Bestimmungen.

Demonstration gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus

  • Samstag, 26.7.2014
  • Treffpunkt: 18 Uhr, Stephansplatz (Pestsäule am Graben), 1010 Wien

Infos:

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