Kulturpolitik

Wenige Wochen vor den beiden Wahlgängen zur Präsidentschaftswahl am 22. April und am 6. Mai kommt das Thema Kultur in der politischen Debatte kaum vor. In allen Parteiprogrammen finden sich zwar wohlklingende Leitsätze zur Kulturpolitik, im Wahlkampf spielen sie so gut wie keine Rolle. Dieses Fehlen ist umso erstaunlicher in einem Land, welches sich über seine kulturellen Traditionen definiert.
Kulturpolitik ist langweilig. Immer gibt es die gleichen Probleme, immer fühlen sich alle ungerecht behandelt, nie ist klar, worum es eigentlich geht. Kein Wunder, dass auch PolitikerInnen sich zunehmend weniger für dieses öde Feld interessieren.
Das stereoskopische Sehen zählt für den Menschen zu den Glücksfällen der Evolution. Die damit verbundene Fähigkeit zur Tiefenwahrnehmung ermöglicht vor allem die Orientierung im Raum. Der einzige Haken dabei: Das Gesichtsfeld ist dennoch eingeschränkt, im schlimmsten Fall sogar zu einem Tunnelblick verengt, was gar nicht selten dazu führt, dass Vorkommnisse und Bewegungen, die nicht im Fokus liegen, eben auch nicht zu erkennen sind.
Etwas nebulös skizziert werden diese Bürgerinnen und Bürger der Stadt Linz als eine mehr oder weniger homogene Masse, die lediglich über bestehende Möglichkeiten aufgeklärt werden muss, um sich frei an demokratisierenden Partizipations- und Mitgestaltungsangeboten im Netz ausnahmslos und vorbildlich zu beteiligen.
Unter dem Namen Kunstfreiheit.ch lancierten wir Anfang Oktober einen offenen Brief an den Justizminister der Schweiz, Christoph Blocher, und die aktuell mit der Revision des Urheberrechts (UHR) befassten ParlamentarierInnen. Unterstützt von 40 prominenten ErstunterzeichnerInnen bringen wir die Einschätzung zum Ausdruck, dass die Neugestaltung des UHR nicht die Interessen der aktuell produzierenden, professionellen KünstlerInnen berücksichtigt.
Wir haben versucht, durch logbuch-artige Versatzstücke ein subjektives Szenario über Kulturarbeit in der EU zu kreieren. Das ist misslungen – auf dem gegebenen Textraum bleiben es nur einzelne Aspekte, die nicht das erstrebte schizophrene Gesamtbild reflektieren können.
Kulturpolitik muss die finanzielle Sicherung der autonomen und freien Kulturarbeit als prioritären Belang behandeln, damit Reflexion und Aufwertung der Subjektivität und nicht die bloße Reproduktion der vorhandenen Strukturen gefördert werden.
Der Begriff Filmpolitik subsumiert die Interessen von Politik am Film. Diese Begehren werden fast ausschließlich materiell, also durch Subventions- und Förderpolitik ausgedrückt und wahrgenommen. Die Frage nach Höhe und Vergabe der staatlichen Fördermittel ist genauso eine filmpolitische, wie die Genehmigung eines Multiplex-Kinos durch die Gemeinde.
Heute geht Kulturpolitik anders vor. Statt Forderungen der Bevölkerung zu bedienen wird sie selber aktiv und stellt ein klares Anforderungsprofil an Förderobjekte: Geld kriegt nur, wer einen Repräsentationsnutzen für die Stadt abwirft, sich ins Image eingliedern lässt, das die Stadt von sich entwirft.
So wie wir die Arbeit gemacht haben, sind wir nicht bestellt worden, denn wir sollten die Multikulti-Benetton-Truppe darstellen, die sich zur Mozart-Musik vereint, und obwohl wir so aussehen, haben wir radikale und kritische Positionen eingebracht.
Der aktuelle Heftschwerpunkt „Migration und Kulturarbeit“ entstand im Rahmen des EQUAL-Projekts fields of TRANSFER: Kooperation durch Vernetzung. MigrantInnen in der Kulturarbeit, das von der IG Kultur Österreich derzeit durchgeführt wird. Kern des Projekts ist die Vernetzungsarbeit zwischen migrantischen und nicht-migrantischen Initiativen im Kulturbereich – mit dem Ziel, Zugangsbarrieren für MigrantInnen zum Kulturbereich sichtbar zu machen, Strukturen migrantischer Selbstorganisationen in der Kulturarbeit zu stärken sowie Perspektiven migrantischer Kulturproduktion in Österreich zur Diskussion zu stellen.
Was im Falle der KUPF letztlich zählt, ist das Festhalten am Prinzip, sich mit der kulturpolitischen Denk- und Willensanstrengung nicht in die Kuschelecken der Privatsphäre zu bequemen, sondern in den politischen Raum zu treten, diesen ein Stück weit zu beanspruchen, und sich der Privatisierung zu widersetzen